© Ein Hod Visitors Centre
   Inschrift am Fuße des Mauersegments
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   Die Mauer vor dem Janco-Dada-Museum

Vor dem Museum des Begründers des Dadaismus, Marcel Janco, steht seit 1992 ein bunt bemaltes Stück Berliner Mauer. Das Segment, auf das vom West-Berliner Patrice Lux ein kleiner Junge mit rotem Basecap und Sonnenbrille gesprayt wurde, soll ein Denkmal für die Opfer des Holocaust sein. Am Fuße des Mauerteiles ist eine kleine Messingtafel angebracht, auf der in Hebräisch steht:

„Ein Teil der Berliner Mauer. Erworben und errichtet dank der Spende eines Kuratoriumsmitgliedes des Janco Dada Museums zur Erinnerung an seine Mutter Perl Jablonka und seine beiden Schwestern Chaja und Dwora, die 1943 hinter den Mauern des Warschauer Ghettos umgekommen sind.“

Diese Widmung zeigt, dass der Fall der Berliner Mauer zunächst nicht auf der ganzen Welt als Symbol für Freiheit und Recht stand. In Israel weckte er vor allem unter den Überlebenden des Holocaust traumatische Erinnerungen. War doch in ihren Augen die Teilung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg eine gerechte Strafe für die von Hitler-Deutschland durchgeführte Vernichtung der europäischen Juden.

Dennoch war Raya Zommer, damals Direktorin des Janco Dada Museums, von der Aufbruchsstimmung in Berlin begeistert, die sie 1991 bei einem Deutschlandbesuch erlebte. Eine Freundin hatte ihr vom Mauermuseum – Museum „Haus am Checkpoint Charlie“ erzählt, dessen Ausstellung zur innerdeutschen Grenze bereits in vielen Städten des ehemaligen Ostblockes gezeigt worden war. Unter dem Titel „Jenseits der Mauer“ kam sie 1992 ins Künstlerdorf Ein Hod, südlich von Haifa im Norden Israels gelegen, und in den Räumen des eigens dafür geräumten Janco Dada Museums gezeigt. Die Ausstellung erregte seinerzeit großes Aufsehen: Auch ein hochrangiger Vertreter der deutschen Botschaft war bei der Eröffnung zugegen. Überlebende des Holocaust brachten dem Vorhaben kaum Verständnis entgegen. Für sie war die deutsche Teilung eine „gerechte Strafe“, und die Aussicht auf ein wiedervereinigtes Deutschland weckte Ängste. Für die Museumsdirektorin ging es jedoch um eine andere Frage. Sie wollte angesichts der Schrecken des Kalten Krieges und der unmenschlichen Berliner Mauer zu einer Debatte über Menschenrechte anregen.

Nach Schließung der Ausstellung schenkte der Direktor des Mauermuseums – Museum „Haus am Checkpoint Charlie“, Rainer Hildebrand, das Mauerteil dem Janco Dada Museum. Einige Jahre später wurde es zum Verkauf angeboten. Glücklicherweise erwarb ein Kuratoriumsmitglied die Betonplatte und beließ sie in Ein Hod. Der neue Eigentümer Zeev Yalon und seine Frau beschlossen schließlich, die kleine Messingtafel zur Erinnerung an seine Mutter und seine Schwestern anzubringen. Damit war eine versöhnliche Brücke zwischen dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte und dem Mauerfall geschlagen.

 

Karte mit Standorten, an denen Teile der Berliner Mauer zu finden sind.