© Budapester Malteser Hilfsdienst
   Mauersegment im Garten des Budapester Malteser Hilfsdienstes

Noch bevor am 9. November 1989 in Berlin die Mauer fiel, öffnete Ungarn am 27. Juni 1989 den Eisernen Vorhang. Bereits seit Mai war auf Anordnung der ungarischen Regierung mit dem schrittweisen Abbau der Grenzanlagen begonnen worden. Für Tausende DDR-Bürger, die sich im Sommer 1989 zur Flucht entschlossen hatten, wurde die österreichisch-ungarische Grenze zum Schlupfloch in den Westen. Innenpolitisch hatte sich in Ungarn bereits seit 1987/88 ein Kurswechsel angekündigt. Der alte Parteichef János Kádár wurde abgesetzt und ein reformfreudiger Flügel innerhalb der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei kam an die Macht. Zugleich erstarkte die Oppositionsbewegung und die Gründung neuer Parteien wurde zugelassen. Neben dem Ungarischen Demokratischen Forum (MDF) gründete sich 1988 auch der Bund Freier Demokraten (SZDSZ), der im Frühjahr 1990 zu den ersten freien Wahlen seit 1947 antrat.

Die Freien Demokraten konnten beim Urnengang 1990 mit einer hohen Zustimmung rechnen und hatten sogar die Chance, als stärkste Partei die neue Regierung zu stellen. In dieser Erwartung kündigte der SZDSZ für den 31. März 1990 ein Volksfest auf dem Budapester Heldenplatz an. Zum Zeichen des Sieges der Freiheit sollten auch Teile der Berliner Mauer aufgestellt werden. Die Parteiführung wandte sich daraufhin an das mit dem Mauerverkauf beauftragte Unternehmen Limex in Ost-Berlin. Als die Ungarn allerdings die geforderten Preise von mehreren Tausend D-Mark pro Mauerteil erfuhren, wandte sich die SZDSZ an den damaligen DDR-Kulturminister Keller, mit der Bitte, zwölf Mauersegmente kostenlos zu überlassen. Das Gesuch ging schließlich zwei Wochen vor dem Wahltermin an den Ministerpräsidenten der DDR, Hans Modrow, der jedoch nach der Volkskammerwahl vom 18. März 1990 selbst nur noch wenige Tage im Amt war. Im Außenministerium der DDR wurde ein Gutachten eingeholt, wie in diesem Fall zu verfahren sei. Der zuständige Mitarbeiter zeigte sich vom Ansinnen des SZDSZ, das von den alten Kadern im Außenministerium als politische Gruppierung und nicht als Partei anerkannt wurde, wenig begeistert. Er empfahl Modrow jedoch, da „das Drängen der Absender“ nicht abgewehrt werden könne, aus außenpolitischen Erwägungen dem Ersuchen zuzustimmen. Es wurde jedoch nur die Übergabe von zwei anstelle der beantragten zwölf Mauerteile vereinbart. Die neu gewählte DDR-Regierung fasste in ihrer Sitzung am 6. April 1990 schließlich einen entsprechenden Beschluss. Das Volksfest der SZDSZ war zu diesem Zeitpunkt zwar vorüber, die Mauerteile wurden dennoch in die ungarische Hauptstadt gebracht. Über die weitere Geschichte ist nur wenig bekannt. Gábor Demszky, Mitglied der Freien Demokraten, wurde 1990 zum Bürgermeister von Budapest gewählt. Im gleichen Jahr wurde das Geschenk auf dem Hügel des in Buda gelegenen Tabánparks aufgestellt, wo es bis 2004 verblieb und dann plötzlich verschwand. Von der Budapester Stadtteilverwaltung war 2009 lediglich zu erfahren, dass die Teile abtransportiert wurden. Wann und wohin, wusste allerdings niemand. Mithilfe der deutschen Botschaft in Budapest war jetzt zu ermitteln, dass sich beide Mauerteile im Garten des Budapester Malteser Hilfsdienstes befinden, wo sie 2004 auf Ansinnen und unter der Leitung des bekannten Pfarrers Imre Kozma aufgestellt wurden. Imre Kozma, der am 14. August 1989 das erste Hilfslager für DDR-Bürger in Ungarn errichtete, ist vielen mit seinem Ausspruch: „Das Tor steht offen, mehr noch das Herz“ in Erinnerung. Deutsche Touristen sollen den Garten des Malteser Hilfsdienstes regelmäßig zur Besichtigung der Mauerteile aufsuchen.

 

Karte mit Standorten, an denen Teile der Berliner Mauer zu finden sind.