©Archiv Bundesstiftung Aufarbeitung / Bestand Uwe Gerig Nr. 4563
   Das Brandenburger Tor nach dem Mauerfall
©Archiv Bundesstiftung Aufarbeitung
   Sonderausgabe der "BZ" zum Mauerbau
©Archiv Bundesstiftung Aufarbeitung / Bestand Michael von Aichberger Nr. 698
   Blick auf dem Todesstreifen zwischen Ost- und West-Berlin 1981
©Bundesstiftung Aufarbeitung
   Gedenkstein für Günter Litfin in Berlin-Mitte

Maria Nooke

Am 13. August 1961, nachts um 1 Uhr, ging am Brandenburger Tor das Licht aus und Angehörige von Polizei und Kampfgruppen zogen an der Sektorengrenze auf. Zehn Minuten später meldete der DDR-Rundfunk, dass an der West-Berliner Grenze eine „Ordnung“ eingeführt werde, die eine „verlässliche Bewachung und wirksame Kontrolle“ gewährleiste.[1] Innerhalb weniger Stunden sperrte die DDR-Führung die Grenze nach West-Berlin durch Stacheldrahtsperren ab. In den folgenden Tagen und Wochen ließ sie eine undurchlässige Grenzanlage, die Berliner Mauer, bauen. Sie trennte die Millionenstadt in zwei Teile. Die Bilder von der Ungeheuerlichkeit dieser Grenzschließung gingen um die ganze Welt. Die Verzweiflung der betroffenen Menschen und die Ansicht vom Brandenburger Tor mit einer menschlichen Mauer aus schwer bewaffneten Grenzposten haben sich tief in das kollektive Gedächtnis eingeprägt.

Am 9. November 1989 stand das Brandenburger Tor erneut im Mittelpunkt des weltweiten Interesses: Die Mauer war gefallen. Nun sah man Bilder von jubelnden Menschen, die auf der Mauerkrone vor dem Brandenburger Tor tanzten. Die Euphorie über das Ende der Teilung bewegte nicht nur die Berliner, nicht nur die Deutschen in Ost und West, sondern wieder die Menschen in aller Welt.

Mehr als 28 Jahre hat die Mauer Berlin geteilt. Ihr Anfang und ihr Ende markieren wichtige Stationen einer historischen Epoche, die unter dem Begriff „Kalter Krieg“ in die Geschichte eingegangen ist. Die Berliner Mauer offenbarte die Unmenschlichkeit des DDR-Grenzregimes, dessen Menschenverachtung in Todesschüssen auf Flüchtlinge seinen stärksten Ausdruck fand. Mit dem Fall der Mauer am 9. November 1989 wurde sie darüber hinaus zum Symbol für die friedliche Überwindung der Teilung. Damit war das Ende der DDR besiegelt und die Wiedervereinigung Deutschlands möglich geworden.[2]

Deutschland unter Besatzung der Siegermächte des Zweiten Weltkrieges[3]

Die Ursachen der deutschen Teilung lagen in dem von Nazideutschland angezettelten und verlorenen Zweiten Weltkrieg. Als sich die Niederlage Deutschlands abzeichnete, verhandelten die Alliierten über eine territoriale Neuaufteilung des Landes nach dem Sieg der Anti-Hitler-Koalition. Sie legten die Aufteilung des Deutschen Reiches in drei, später vier Besatzungszonen fest und vereinbarten für die Reichshauptstadt Berlin einen Sonderstatus. Die Stadt sollte ebenfalls in vier Sektoren aufgeteilt werden und eine gemeinsame Militärkommandantur bekommen. Bei der Festlegung der Besatzungszonen und Sektoren orientierte man sich an den alten Landes- und Stadtbezirksgrenzen. Mit der Aufteilung Deutschlands sollte das Machtsystem Hitlers endgültig zerstört werden.

Auf der Konferenz in Jalta im Februar 1945 wurde die Einsetzung eines Alliierten Kontrollrats als oberste Regierungsgewalt beschlossen. Die Alliierten gingen davon aus, dass es keine getrennten Zuständigkeiten in den einzelnen Besatzungszonen geben würde, sondern diese gemeinsam zu verwalten und zu regieren seien.

Im Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 einigten sich die Siegermächte auf die Grundlinien der gesellschaftlichen und politischen Umgestaltung Deutschlands. Dazu gehörten die Demokratisierung der politischen Strukturen, eine umfassende Entmilitarisierung und Entnazifizierung, die Dekartellisierung der Wirtschaft und eine Dezentralisierung in Politik, Verwaltung und Wirtschaft. Aber schon bei diesen Verhandlungen auf der Potsdamer Konferenz wurde deutlich, dass eine gemeinsame Deutschlandpolitik der früheren Verbündeten wegen der unterschiedlichen machtpolitischen Interessen nicht mehr möglich war.

In der Folgezeit zeigten sich die Auswirkungen der gegensätzlichen Interessen auch durch die Installierung unterschiedlicher politischer und wirtschaftlicher Systeme. In der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) wurden sozialökonomische Bedingungen als Grundlage für die Errichtung einer Volksdemokratie nach sowjetischem Vorbild forciert. Innerhalb kurzer Zeit konnte eine kommunistische Einparteienherrschaft errichtet und die Wirtschaft durch Vergesellschaftung von Eigentum in eine Planwirtschaft überführt werden. In den westalliierten Besatzungszonen entstanden dagegen wirtschaftliche und politische Strukturen, die in der demokratischen Tradition der westlichen Besatzungsmächte und einer privatwirtschaftlichen Eigentumsordnung standen. Die Beziehungen zwischen den Alliierten verschlechterten sich aufgrund dieser unterschiedlichen Positionen stetig. Im März 1948 verließ der sowjetische Vertreter den Alliierten Kontrollrat. Eine gemeinsame Vier-Mächte-Verwaltung für ganz Deutschland war damit gescheitert. Die beiden Teile Deutschlands entwickelten sich immer mehr zu eigenständigen Staaten.

Die deutsche Bevölkerung reagierte auf ganz eigene Weise auf diese Situation. Schon unmittelbar nach Kriegsende strömten Millionen von Menschen über die Demarkationslinien. Sie waren auf der Suche nach Heimat, Familienmitgliedern oder auch nur nach Verpflegung, um das Überleben zu organisieren. Dabei war die Wanderung aus der sowjetisch besetzten Zone in die westlich gelegenen Zonen von Anfang an stets größer als die von Westen nach Osten. Die Mehrzahl der Flüchtlinge waren Vertriebene aus den deutschen Ostgebieten, die nun zu Polen gehörten. Mit voranschreitender Sowjetisierung der Verhältnisse in der SBZ waren auch zunehmend politische und wirtschaftliche Gründe Anlass für Fluchten.

Den endgültigen Bruch zwischen den Alliierten löste die einseitig in den Westzonen durchgeführte Währungsreform aus.[4] Um angesichts der schwierigen Versorgungslage und des florierenden Schwarzmarktes eine stabile Finanz- und Wirtschaftspolitik in Gang setzen zu können, und damit auch die Wirtschaftsentwicklung im westeuropäischen Kontext zu stärken, wurde am 20. Juni 1948 in den westlichen Besatzungszonen anstelle der Reichsmark die D-Mark eingeführt und zum offiziellen Zahlungsmittel erklärt. Eine Reaktion vonseiten der Sowjetunion war vorprogrammiert, da sonst die gesamte Wirtschaft in der SBZ zum Erliegen gekommen wäre. Denn das alte Geld floss dorthin, wo es noch Wert hatte – insbesondere nach Ost-Berlin. Am 24. Juni konterte die Sowjetische Militäradministration (SMAD) mit der Einführung der Ost-Mark in ihrem Machtbereich. Die Anweisung der SMAD an den Berliner Oberbürgermeister, diese Währung auch für die westlichen Berliner Sektoren als verbindlich durchzusetzen, erklärten deren Besatzungsmächte umgehend für unwirksam und legten die D-Mark als Zahlungsmittel für West-Berlin fest. Damit kursierten in Berlin zwei Währungen.

Gleichzeitig mit der Währungsumstellung begann die sowjetische Seite mit der Berlin-Blockade.[5] Sämtliche Zugangswege nach West-Berlin wurden unterbrochen. Der westliche Teil der Stadt war damit in seiner Existenz bedroht. Lebenswichtige Versorgungswege waren von einem Tag auf den anderen abgeschnitten. Lieferungen von Kohle, Strom und Lebensmitteln blieben aus. Die Sowjetunion wollte durch den Entzug der Lebensgrundlagen auf die Bevölkerung Druck ausüben und Berlin dem Einfluss der Westmächte entziehen. Aber die Westalliierten gaben Berlin nicht auf, sondern sorgten für das Überleben der Stadt durch eine Luftbrücke. Über Monate starteten und landeten im Minutentakt Flugzeuge der amerikanischen und britischen Luftwaffe mit überlebenswichtigen Gütern zur Versorgung der Bevölkerung in der abgeriegelten Teilstadt. Diese Erfahrung, auf die Hilfe der westlichen Siegermächte trauen zu können, führte bei den West-Berlinern zu einem grundsätzlichen Wandel im Verhältnis zu den Alliierten: Aus Besatzern wurden Freunde. Sie hatte eine bleibende Wirkung, die sich auch in der Zeit nach dem Mauerbau widerspiegelte, als die Stadt wiederum einer extremen Situation unterworfen war.

Sicherung der Demarkationslinie und Einschränkungen zwischen den Zonen

Die Gründung der beiden deutschen Staaten im Jahr 1949 und die Eskalation des Kalten Krieges wirkten sich gravierend auf die Absicherungen an den Demarkationslinien zwischen den Besatzungszonen und in Berlin aus.[6] Anfangs galten die Grenzen zwischen den Besatzungszonen und den Berliner Sektoren lediglich als Verwaltungsgrenzen. Sie wurden aber im Zuge der Entwicklung zu politischen Einflussgrenzen und auch zu echten Zoll- und Wirtschaftsgrenzen.

Zunächst war das Passieren an der innerdeutschen Demarkationslinie ohne große Probleme möglich, allerdings jenseits der offiziellen Übergänge bereits illegal. Schon 1946 wurde in der SBZ auf Basis einer Kontrollratsdirektive der SMAD die Deutsche Grenzpolizei gegründet, die sowjetischen Dienststellen unterstand. Gleichzeitig wurde die Demarkationslinie zwischen der SBZ und den drei Westzonen für drei Monate gesperrt, um den Abfluss von Gütern und die Abwanderung von Menschen einzudämmen. Ab 1948 wurde vonseiten der SBZ verstärkt nach sogenannten Grenzverletzern gefahndet. Man versuchte, Schiebern und Schmugglern das Handwerk zu legen, aber auch angebliche Saboteure und Spione aufzuspüren. Ab 1950 übertrug die SMAD der Grenzpolizei auch die Kontrollaufgaben an den Übergängen.

Zur Steuerung des Besucherverkehrs zwischen den westlichen Zonen und der SBZ erfolgte 1946 ebenfalls auf Betreiben der sowjetischen Besatzungsmacht die Einführung von Interzonenpässen. Diese hatten eine Gültigkeit von 30 Tagen und wurden für die Erledigung dringender familiärer und geschäftlicher Belange ausgestellt. Noch während der Berlin-Blockade erließ die SMAD eine Verfügung, wonach für Besucher der SBZ neben den Interzonenpässen auch eine Aufenthaltsgenehmigung notwendig wurde. Damit wollte man den Reise- und Besucherverkehr zwischen den Zonen generell einschränken. Ein illegales Überschreiten der „Grünen Grenze“ war zwar weiterhin möglich, viele wählten aber eher den ungefährlichen Weg über Berlin. Denn durch den Sonderstatus der Stadt war West-Berlin relativ frei zugänglich.

Am 1. April 1948 wurde auf Weisung der SMAD um Berlin eine Polizeiformation „Ring um Berlin“ gebildet, die auf einer Strecke von 300 km um die gesamte Stadt, also auch um West-Berlin, Kontrollen durchführte. Dadurch sollte die offene Grenze so gut wie möglich überwacht werden, denn die Abwanderung aus dem sowjetischen Einflussbereich wurde zu einem immer größeren Problem. Bei Gründung der DDR im Oktober 1949 hatten bereits 1,9 Millionen Bürgerinnen und Bürger das Land Richtung Westen verlassen.

Die politisch gegensätzlichen Interessen der Sowjetunion auf der einen und der USA, Großbritanniens und Frankreichs auf der anderen Seite verhinderten den Abschluss eines Friedensvertrages. 1952 unternahm die Sowjetunion mit der Stalin-Note einen Vorstoß, um die deutsche Frage zur Sicherung der eigenen Einflussinteressen zu lösen. Der sowjetische Regierungschef Josef Stalin bot die Wiedervereinigung in einem neutralisierten Gesamtdeutschland an, freie Wahlen sollten unter alliierter Kontrolle stattfinden. Er wollte damit die Einbindung Westdeutschlands in das westliche Verteidigungsbündnis verhindern. Die Westmächte lehnten diesen Vorschlag als unglaubwürdig ab. Sie sahen darin den Versuch der Ausweitung des sowjetischen Einflusses auf Deutschland.

Diese Ablehnung, angebliche Diversionsaktivitäten sowie die anhaltende Abwanderung veranlassten die DDR-Behörden unter Einfluss der Sowjetunion, im Mai 1952 zwischen der DDR und der Bundesrepublik die Grenze zu schließen und grenzüberschreitende Bewegungen unter Kontrolle zu bekommen. Damit wurde die Demarkationslinie zu einer wirklichen innerdeutschen Grenze. Zur Absicherung der 1.378 Kilometer langen Grenzlinie wurde auf Anweisung der sowjetischen Kontrollkommission auf DDR-Seite eine fünf Kilometer breite Sperrzone mit gestaffelten Sicherheitsbereichen eingerichtet. Nur mit Genehmigung konnte dieser Bereich betreten oder befahren werden. Versammlungen und Veranstaltungen waren ab 22 Uhr verboten.

Entlang der Grenzlinie wurde ein zehn Meter breiter Kontrollstreifen umgepflügt, Waldungen in diesem Bereich wurden abgeholzt. Dahinter erfolgte die Installation von Wällen, Gräben und Stolperdrähten mit Alarmanlagen. Das Überschreiten des Zehn-Meter-Kontrollstreifens war unter Androhung der Festnahme verboten. Bei Nichtbeachtung der Anordnungen durch die Grenzpolizei wurde geschossen.

An den Zehn-Meter-Streifen schloss sich ein 500 Meter breiter Schutzstreifen an, in dem ca. 110 Ortschaften lagen. Die Bewohner dieser Dörfer wurden besonders harten Bestimmungen unterworfen. Der Aufenthalt im Freien war im 500-Meter-Streifen nur von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang erlaubt, jeglicher Verkehr nach Einbruch der Dunkelheit verboten. Veränderungen an den Grundstücken durften ohne Genehmigung nicht mehr vorgenommen werden. Mit der Einrichtung des Schutzstreifens erfolgte die Schließung zahlreicher Gaststätten, Erholungsheime und Pensionen. Strecken der Brockenbahn, die im landschaftlich reizvollen Harz die Urlaubsorte mit dem höchsten Berg verband, mussten stillgelegt werden. Denn die Bahn durfte nicht mehr durch westliches Gebiet fahren.

Bewohner des Sperrgebietes bekamen keine Interzonenpässe mehr. Ebenso erhielten Personen aus Westdeutschland ab sofort keine Einreisegenehmigung in den Fünf-Kilometer-Streifen. Um die Empörung der Bevölkerung im Keim zu ersticken, wurde in einer gezielten Aktion die Zwangsumsiedlung von sogenannten feindlichen, kriminellen und verdächtigen Elementen aus dem Schutzstreifen veranlasst. Unter dem Namen „Aktion Ungeziefer“ wurden 11.000 Bewohner innerhalb weniger Tage und unter unwürdigen Umständen, teilweise mit Einsatz von Gewalt, aus ihrer dörflichen Heimat vertrieben und in grenzferne Orte gebracht.[7] Sie verloren dabei nicht nur ihre Heimat und den sozialen Rückhalt ihrer Dorfgemeinschaft, sondern auch einen großen Teil an Hab und Gut. Etwa 3.000 Personen entzogen sich dieser Zwangsmaßnahme durch Flucht in den Westen.

Die Schließung der Grenze führte auch zu einer Unterbrechung zahlreicher Verkehrsverbindungen: 32 Eisenbahnlinien, drei Autobahnen, 31 Fern- und Bundesstraßen, 80 Landstraßen erster Ordnung, 60 Landstraßen zweiter Ordnung sowie Tausende Gemeindewege wurden gesperrt.[8] Im Westen entstand so ein „Zonenrandgebiet“, was negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage in den grenznahen Gebieten und auf die Lebenswirklichkeit der Bewohner hatte. Mittels Förderprogrammen versuchte die Bundesregierung, die prekäre Situation der betroffenen Menschen in diesem Gebiet zu mindern. Auf der DDR-Seite wurde die Bevölkerung mit Sondervergünstigungen ruhiggestellt. Die Bewohner des Sperrgebietes erhielten Lohn- und Gehaltszuschläge, Steuererleichterungen und Rentenaufbesserungen. Außerdem wurden sie besser mit Konsumgütern versorgt.

Auch um Berlin gab es 1952 im Zuge der Grenzschließung ähnliche Einschnitte: 200 Straßen wurden unterbrochen. Damit waren knapp 75 Prozent der Verkehrsverbindungen zwischen West-Berlin und dem Umland nicht mehr nutzbar. Zwischen dem Bezirk Potsdam und West-Berlin wurde an verschiedenen Stellen ein Kontrollstreifen umgepflügt; zahlreiche private Grundstücke, häufig Eigentum von West-Berlinern, wurden durch die Grenzsicherung vereinnahmt. Entschädigungszahlungen an Grundstückseigentümer und Zwangsumgesiedelte fielen gering aus oder erfolgten überhaupt nicht. Zusätzlich zu den Maßnahmen an den Demarkationslinien wurde eine Unterbrechung der Telefon- und Stromleitungen zwischen Ost- und West-Berlin vorgenommen. Die DDR strebte eine getrennte Infrastruktur für Ost-Berlin an.

Die Fluchtbewegung ebbte jedoch nicht ab.[9] Die meisten Flüchtlinge suchten ihren Weg über die weiterhin offenen Sektorengrenzen in Berlin. Insbesondere innenpolitisch brisante Situationen, wie während der Kollektivierung der Landwirtschaft oder bei dem forcierten Aufbau des Sozialismus im Vorfeld des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953, bewegten viele DDR-Bürger zur Flucht. Um den Flüchtlingsstrom zu bewältigen, richtete die Bundesregierung 1953 in West-Berlin das Notaufnahmelager Marienfelde ein. Hier und in weiteren Aufnahmelagern hatten die Flüchtlinge ein Notaufnahmeverfahren zu durchlaufen, das bei Anerkennung als Flüchtling eine Integration in die bundesdeutsche Gesellschaft befördern sollte.[10]

Im November 1953 beschlossen die Westmächte ihrerseits die Aufhebung des Interzonenpasszwanges und verzichteten auf die Ausstellung von Aufenthaltsgenehmigungen. Damit gab es von westlicher Seite keine Reisebeschränkungen mehr. Das DDR-Passgesetz von 1954 dagegen stellte die sogenannte Republikflucht unter Strafe.[11] Das Strafmaß umfasste eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren. Ende 1957 erfolgte eine weitere Verschärfung der Bestimmungen. Nun waren auch die Vorbereitung sowie der Versuch der Republikflucht strafbar.[12] Ebenso erfolgte eine Einschränkung bei der Bewilligung von Westreisen durch die DDR-Behörden. Bestimmte Alters- und Berufsgruppen, so z. B. Studenten, bekamen keine Genehmigungen mehr für eine Reise in die Bundesrepublik oder ins westliche Ausland.


Das Chruschtschow-Ultimatum und die Zweite Berlin-Krise

Im Herbst 1958 löste der sowjetische Partei- und Staatschef Nikita Chruschtschow mit einem Ultimatum an die Westalliierten die Zweite Berlin-Krise aus. Er forderte die „Umwandlung West-Berlins in eine selbstständige politische Einheit – eine Freie Stadt“, die entmilitarisiert sein müsse und in „deren Bestehen sich kein Staat, auch keiner der beiden deutschen Staaten einmischen dürfe“.[13] Sollten die Alliierten diesen Forderungen zu einer Übereinkunft nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten nachkommen, werde er die geplanten Maßnahmen mit der DDR verwirklichen und dieser einseitige Souveränität zugestehen. Chruschtschow wollte die Schwachstelle Berlin als Hebel für seine politischen Ziele nutzen und die Anerkennung der durch den Zweiten Weltkrieg geschaffenen Situation in Europa zementieren. Außerdem zielte sein Vorstoß darauf ab, die atomare Bewaffnung der Bundeswehr zu verhindern und das westdeutsche Militärpotenzial zu reduzieren. Sein Vorschlag, Berlin zu einer „freien und entmilitarisierten Stadt“ zu machen, bezweckte die Aufhebung des Viermächtestatus und ließ den Westen befürchten, dass die Sowjetunion die Stadt letztlich doch in ihren Machtbereich integrieren würde. Mit dieser angestrebten politischen Lösung zur Schwächung des Westens[14] wollte Chruschtschow gleichzeitig das „Schlupfloch Berlin“ schließen und das Flüchtlingsproblem unter Kontrolle bekommen. Die Sowjetunion strebte zu diesem Zeitpunkt keine Wiedervereinigung mehr an. Die Westalliierten waren aber nicht bereit, ihre Rechte aufzugeben und wiesen den Vorschlag zurück. Der Vorstoß der Sowjetunion führte zu einer Verunsicherung der Bevölkerung und ab 1960 wiederum zum Anwachsen der Fluchtwelle. Viele Bewohner der DDR fürchteten, der Fluchtweg über Berlin würde endgültig verloren gehen.

In diese gespannte Situation fiel das Treffen des neu gewählten amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy mit dem sowjetischen Staatschef Nikita Chruschtschow am 3. und 4. Juni 1961 in Wien. Chruschtschow drängte auf den Abschluss eines Friedensvertrages und drohte wiederum, diesen einseitig mit der DDR zu vollziehen, wenn die USA nicht bereit seien, auf seinen Vorschlag einzugehen. Auch der Bundesrepublik würde man separat einen Friedensvertrag anbieten. Damit wäre dann der Kriegszustand beendet und alle aus der Kapitulation rührenden Verpflichtungen hinfällig. Dies betreffe sämtliche Besatzungsrechte und auch den Zugang nach Berlin, einschließlich der Luftkorridore. Chruschtschow drohte, jede Verletzung der dann entstandenen Souveränität der DDR würde als Kriegserklärung gewertet.

Kennedy verdeutlichte dagegen, dass mit Chrustschows Vorschlag den USA die legalen Rechte auf Anwesenheit in Berlin genommen werden sollen und damit die Möglichkeit, die Verpflichtungen gegenüber den zwei Millionen Bewohnern der Stadt zu erfüllen. Das würde die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen der Partner in die USA erschüttern. Es gehe nicht nur um Berlin, sondern um ganz Westeuropa und um die Sicherheit der USA, für die Berlin ein wichtiger strategischer Punkt sei. Kennedy wollte das politische Kräftegleichgewicht der Nachkriegsordnung aufrechterhalten, dessen Verschiebung er für gefährlich hielt. Die beiden Vertreter der Großmächte trennten sich in Wien, ohne eine Einigung gefunden zu haben.

Bei einer Rede an die Nation am 25. Juli 1961 benannte Kennedy noch einmal die Grundsätze, die vonseiten der USA für West-Berlin galten und verteidigt würden: das Recht auf die Präsenz der Westmächte in der Stadt, das Recht auf den freien Zugang zur Stadt und die Existenzsicherung von West-Berlin und seiner Bewohner. Sie sind als seine „Three Essentials“ in die Geschichte eingegangen. In einer groß angelegten Informationskampagne wurden diese Grundsätze weltweit bekannt gemacht. Kennedy formulierte sie ausdrücklich für West-Berlin, jedoch nicht für Gesamtberlin, wie es dem Sonderstatus entsprochen hätte. Diese Position signalisierte der Sowjetunion, dass Kennedy ihre originären Siegerrechte in ihrem Sektor respektierte und im Interesse der Vermeidung einer militärischen Konfrontation die Grenzschließung akzeptierte.[15]

Die DDR vor dem Mauerbau

Mit Beginn der Sommerferien 1961 stieg die Fluchtwelle aus der DDR sprunghaft an. Viele nutzten die Gelegenheit, ihre Flucht als Urlaubsfahrt zu tarnen. Sie reagierten damit sowohl auf die außenpolitische Situation als auch auf die dramatische Wirtschaftslage und die drastischen Versorgungsprobleme, die sich immer weiter zuspitzten.[16]

In einer Propagandaoffensive stellte die SED die Fluchtbewegung als gezielte Abwerbung aus dem Westen dar. Zur Verhinderung von Fluchten gründete sie in den Betrieben „Komitees gegen den Menschenhandel“, angebliche „Menschenhändler“ wurden in inszenierten Prozessen zu hohen Strafen verurteilt. Mit diesem Vorgehen versuchte die SED davon abzulenken, dass die Flüchtlinge aus freiem Willen die DDR verließen. Angegriffen wurden auch sogenannte Grenzgänger; Menschen, die im Ostteil der Stadt oder im Berliner Umland wohnten und ihren Arbeitsplatz in West-Berlin hatten.[17] Sie wurden auf den Bahnhöfen verschärft kontrolliert, teilweise wurde ihnen der Ausweis entzogen, sodass sie nicht mehr ihre Arbeitsstellen in West-Berlin aufsuchen konnten. Ihre Anzahl war aufgrund des Wirtschaftsgefälles zwischen West- und Ost-Berlin vor dem Mauerbau auf 56.000 angestiegen.[18] Die Vergünstigungen der Grenzgänger, die einen Teil ihres Lohns in D-Mark ausgezahlt bekamen, wurden propagandistisch genutzt, um Neid und Missgunst unter der Bevölkerung zu schüren und das rigide Vorgehen staatlicher Stellen gegen diese Personengruppe zu rechtfertigen. Der in Westgeld ausgezahlte Lohnanteil sollte einem Zwangsumtausch unterliegen, viele Leistungen in der DDR fortan mit D-Mark beglichen werden. Anfang August wurden die Grenzgänger dazu gedrängt, ihre Arbeitsstellen in West-Berlin aufzugeben und sich in DDR-Betrieben arbeitssuchend zu melden.

Die Propaganda der SED zielte darauf ab, West-Berlin als gefährlichen Krisenherd im Ost-West-Konflikt anzuprangern. Sie unterstellte der Bundesregierung intensive Kriegsvorbereitungen mit dem Ziel, die DDR und Teile Polens erobern zu wollen.

Die zunehmenden Maßnahmen gegen Flüchtlinge und Grenzgänger sowie die heftige Propagandakampagne in der DDR ließen im Westen die Erkenntnis reifen, dass es nicht bei einzelnen Schikanen bleiben würde. Eine Fernsehrede Nikita Chruschtschows am 7. August 1961 weckte bei Beobachtern die Befürchtung, dass umfassende Sperrmaßnahmen an der Berliner Grenze zu erwarten seien. Man rechnete aber damit, dass die Maßnahmen sich auf den „Ring um Berlin“ beziehen würden. Niemand kam auf die Idee, die Stadt könnte innerstädtisch abgeriegelt werden. Das war eine völlige Fehleinschätzung, wie sich bald zeigen sollte.

Entscheidungen zum Mauerbau und Vorbereitung der Grenzschließung

Nach Aussagen des stellvertretenden tschechoslowakischen Verteidigungsministers Jan Šejna, der 1968 in den Westen überlief, hatte der Staatsratsvorsitzende der DDR und SED-Parteichef, Walter Ulbricht, bereits auf einer Tagung des Warschauer Paktes am 28. und 29. März 1961 die Überlegung vorgetragen, durch Berlin eine Stacheldrahtbarriere zu ziehen.[19] Vor diesem Hintergrund wird Ulbrichts Ausspruch auf der Pressekonferenz am 15. Juni 1961 verständlich, niemand habe die Absicht, eine Mauer zu bauen, der sich durch die Ereignisse am 13. August endgültig als Lüge entlarven sollte. Auch die Tatsache, dass bereits große Mengen an Baumaterialien wie Zaunpfähle und Stacheldraht in Berlin lagerten, um solche Absperrmaßnahmen zu realisieren, deutet auf längerfristige Planungen hin. Die Entscheidung zur Grenzschließung fiel schließlich im Juli und Anfang August 1961.[20]

Ulbricht hatte sich aufgrund der Ergebnisse des Wiener Gipfels und der dramatischen Versorgungskrise in der DDR, die mit einer steigenden Abwanderung der Bevölkerung verbunden war, zu einer propagandistischen Offensive entschlossen. Darin forderte er die Lösung der Berlin-Frage und den Abschluss eines Friedensvertrages. Gleichzeitig drängte Ulbricht die sowjetische Führung zur sofortigen Grenzschließung. Chruschtschow bezog in seine Entscheidung, die am 20. Juli getroffen worden sein soll, Erkenntnisse der Geheimdienste über die militärische Stärke der Westmächte, die amerikanische Politik und geplante Abwehrmaßnahmen mit ein.[21]

In die Entscheidung wurden auch die Warschauer-Pakt-Staaten eingebunden. Vom 3. bis 5. August 1961 fand in Moskau eine Konferenz ihrer Parteiführer statt, auf der die mit dem Vorschlag eines Friedensvertrages verbundenen Probleme und die der offenen Grenze zu West-Berlin diskutiert wurden. Walter Ulbricht wurde von den Genossen wegen des langsamen Wirtschaftswachstums und der hohen Konsumausgaben in der DDR heftig kritisiert. Ulbricht bekräftigte seine Position, die offene Grenze zu West-Berlin sei als Ursache zu sehen und verlangte eine umgehende Abriegelung. Die Warschauer-Pakt-Staaten befürchteten jedoch bei einer Grenzschließung unkalkulierbare Wirtschaftssanktionen, die sich nicht nur auf die DDR auswirken würden.

Es gab für das Problem nur zwei mögliche Lösungen: Die vollständige Kontrolle aller Zugangswege nach West-Berlin, auch der Luftkorridore – oder der Mauerbau. Da die komplette Kontrolle der Luftwege nicht realisierbar war, führte Ulbrichts Drängen auf die sofortige Grenzschließung und die inzwischen von Chruschtschow übernommene Position zur Problematik der offenen Grenze zur entsprechenden Unterstützung der vorgesehenen Maßnahmen.[22]

Ein zentrales Argument für die Entscheidung war die brisante wirtschaftliche Lage der DDR und der täglich anwachsende Flüchtlingsstrom. Nach der Rückkehr Walter Ulbrichts von der Moskauer Konferenz begann das Politbüro der SED mit der Umsetzung des in Moskau bestätigten Beschlusses, der in Abstimmung mit der sowjetischen Seite technisch bereits in Vorbereitung war. Volkskammer, Ministerrat und Ost-Berliner Magistrat verabschiedeten am 10. und 11. August Beschlüsse zur Grenzschließung, deren Wortlaut von der SED vorgegeben wurde. Nur die wichtigsten Genossen an den Schaltstellen der Macht wurden eingeweiht, um die geplanten Maßnahmen so lange wie möglich geheim zu halten.

Parallel zu den logistischen Vorbereitungen lief die Propaganda auf Hochtouren, um die Bürger auf die einschneidenden Maßnahmen vorzubereiten. So beschwor Ulbricht auf einer Großveranstaltung Gefährdungen durch einen Angriff aus dem Westen, gegen den sich die DDR zu schützen habe. Dabei ging es der SED-Führung mit der geplanten Grenzschließung nicht um den Schutz der DDR-Bürger vor dem Westen, sondern um die Unterbindung des freien Zugangs nach West-Berlin. Das Ziel war die Stabilisierung der DDR.

Der Haupteinsatzstab stand unter Leitung des ZK-Sekretärs Erich Honecker. Er koordinierte das komplexe Vorgehen zur Grenzschließung. Beim Ministerium für Nationale Verteidigung wurde eine operative Gruppe gebildet, in deren Händen die Durchführung der Aktion lag. Zwar waren die sowjetischen Truppen in der DDR und den angrenzenden Ostblockstaaten zwischen Mai und Juli 1961 um mehrere Hunderttausend Mann verstärkt worden.[23] Für die Abriegelung der Grenze war jedoch der Einsatz von DDR-Grenzpolizei, Bereitschaftspolizei und Betriebskampfgruppen vorgesehen. Einheiten der Nationalen Volksarmee (NVA) hatten in der zweiten Linie in Bereitschaft zu stehen, um im Ernstfall einen Angriff aus West-Berlin aufzuhalten. Eine dritte Sicherungsstaffel bildeten die sowjetischen Truppen am „Ring um Berlin“.

Mit der innenpolitischen Absicherung des Mauerbaues war das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) beauftragt.[24] Die Aktion firmierte unter den Namen „Aktion Rose“ und „Aktion Ring“ und galt flächendeckend für das gesamte Gebiet der DDR.[25] Die Ergebnisse der intensiven Beobachtung der Bevölkerung waren in den ersten beiden Tagen in stündlichen Berichten an das Ministerium weiterzugeben. Sämtliche Post im grenzüberschreitenden Verkehr wurde einer Kontrolle unterworfen, der Telefonverkehr nach Westdeutschland war komplett unterbrochen. Es galt, eine totale Überwachungssituation herzustellen.

Die Abriegelung der Grenze und Folgen des Mauerbaues[26]

Am Sonntag, den 13. August 1961 begann die systematische Abriegelung der 160 Kilometer langen Grenze um West-Berlin. Mitglieder der Volks- und Grenzpolizei sowie Angehörige von Betriebskampfgruppen der DDR postierten sich entlang der innerstädtischen Demarkationslinie. Die Einsatzkräfte hatten 30 Minuten Zeit, um die 81 Straßenübergänge zu blockieren. Um 1.30 Uhr wurden die Bahnhöfe besetzt und der Nahverkehr zwischen den beiden Stadthälften dauerhaft unterbrochen. Lediglich der Bahnhof Friedrichstraße blieb als Umsteigebahnhof für den Intersektorenverkehr nutzbar. Auch die Reisezüge aus dem Westen endeten ab sofort an dieser Station.

Die pioniertechnische Absperrung der Straßen hatte in drei Stunden zu erfolgen. In diesem Zeitraum wurden das Straßenpflaster aufgerissen, Gleisverbindungen getrennt, Straßenbarrieren errichtet, Stacheldraht gezogen. Um 6 Uhr morgens, als die Stadt zu erwachen begann, war alles abgeriegelt. Nur zwölf Straßenverbindungen blieben vorerst offen, an denen ein kontrollierter Wechsel zwischen den Stadteilen noch möglich war. In den Tagen danach erfolgten die Schließung des Brandenburger Tores und die Abriegelung von zwei weiteren Straßen, sodass nur noch acht Übergänge verblieben. Hier wurden strenge Kontrollen eingeführt.

Am 15. August, zwei Tage nach der Abriegelung der Sektorengrenzen, beschloss der Nationale Verteidigungsrat der DDR den pioniermäßigen Ausbau der Grenzanlagen. In der Nacht vom 17. auf den 18. August begannen Bautrupps, die Stacheldrahtsperren durch eine Mauer aus Hohlblocksteinen und Betonplatten zu ersetzen. Entgegen Ulbrichts Behauptungen zwei Monate zuvor, standen nun doch Bauarbeiter an der Grenze und riegelten die Stadt endgültig ab: Die Mauer wurde von Tag zu Tag unüberwindbarer.

Die Bewohner in Ost und West nahmen die Situation fassungslos zur Kenntnis. Wütend und ohnmächtig standen sie sich an den Stacheldrahtsperren und der wachsenden Mauer gegenüber. Angehörige der Kampfgruppen und Volkspolizisten hielten die Menschen auf der Ostseite mit Maschinengewehren in Schach. Wer protestierte, wurde verhaftet. Auch auf der Westseite versammelte sich eine erregte Menge. Um eine Eskalation der Situation und unkalkulierbare Entwicklungen zu verhindern, war die West-Berliner Polizei angehalten, die Menschen von der Grenze abzudrängen.

Von einem Tag auf den anderen änderte sich das Alltagsleben der Stadt und ihrer Bewohner. Zehntausende Berliner Familien wurden durch den Mauerbau auseinandergerissen, Paare entzweit, Eltern von ihren Kindern getrennt, Freundschaften zerstört und Nachbarschaften beendet. Zahllose Menschen verloren ihren Arbeitsplatz, ihre Lebensgrundlage, ihre Perspektive.

Unbeschreibliche menschliche Tragödien spielten sich vor den Augen der Weltöffentlichkeit ab. Wo es noch möglich war, überwanden die Menschen die Stacheldrahtsperren, durchbrachen mit Fahrzeugen die Sperranlagen oder sprangen aus den Grenzhäusern in die Sprungtücher der West-Berliner Feuerwehr. Im September und Oktober wurden unmittelbar an der Grenze gelegene Häuser zwangsgeräumt und mehr als 2.000 Bewohner aus ihren Wohnungen vertrieben. Auch an der innerdeutschen Grenze gab es im Rahmen der „Aktion Festigung“ wiederum Zwangsaussiedlungen.

Politische Reaktionen

Die Welt hielt den Atem an. Würde sich der Westen das massive Vorgehen an der empfindlichsten Stelle des „Eisernen Vorhangs“ gefallen lassen? Zwar prangerte der Regierende Bürgermeister von Berlin, Willy Brandt, die Grenzschließung bereits am 13. August in seiner Erklärung als „empörendes Unrecht“ an, konnte aber nichts anderes tun, als die Schutzmächte anzurufen.[27] Auch Bundeskanzler Konrad Adenauer geißelte den offenen Bruch des Viermächteabkommens durch die Machthaber der Sowjetzone und versicherte, am Ziel der deutschen Einheit festzuhalten.[28] Adenauer geriet aber wegen seiner Zurückhaltung in die Kritik, zumal er der Sowjetunion zusicherte, keine Schritte zu unternehmen, welche die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und der UdSSR zusätzlich belasten und die internationale Lage verschlechtern könnten. Die Situation war angespannt und Befürchtungen, unmittelbar vor einem Krieg zu stehen, kamen auf.

Am 16. August 1961 versammelten sich nahezu 300.000 Berliner vor dem Schöneberger Rathaus im Westteil der Stadt. Sie forderten energische Reaktionen der Westmächte und Garantien für West-Berlin. Denn die Alliierten reagierten zurückhaltend und beschränkten sich auf verbale Proteste. Auf den Transparenten wurde der Unmut der Bevölkerung offensichtlich: Appelle wie „70 Stunden ohne Tat – weiß der Westen keinen Rat?“ oder „Papierne Proteste stoppen keine Tanks“[29] verdeutlichten die Befürchtungen, vom Westen aufgegeben worden zu sein. Willy Brandt erhob in einem Brief an den amerikanischen Präsidenten die Forderung: „Berlin erwartet mehr als Worte, Berlin erwartet politische Aktionen.“ An den Osten gerichtet, „an alle Funktionäre des Zonenregimes, an alle Offiziere und Mannschaften“ appellierte Brandt in seiner Rede: „Lasst euch nicht zu Lumpen machen! Zeigt menschliches Verhalten, wo immer es möglich ist, und vor allem, schießt vor allem nicht auf eure eigenen Landsleute!“ US-Präsident Kennedy schickte zur Beruhigung der West-Berliner Bevölkerung und zur Demonstration seiner Verlässlichkeit für die Insel-Stadt den amerikanischen Vizepräsidenten Lyndon B. Johnson sowie den ehemaligen Organisator der Luftbrücke, General Lucius D. Clay, am 19. August 1961 nach West-Berlin. Einen Tag später wurde die amerikanische Garnison in West-Berlin durch 1.500 Soldaten verstärkt. In seinem Antwortschreiben an Willy Brandt betonte Kennedy: „Da dieses brutale Schließen der Grenze ein deutliches Bekenntnis des Versagens und der politischen Schwäche darstellt, bedeutet dies offensichtlich eine grundlegende sowjetische Entscheidung, die nur durch Krieg rückgängig gemacht werden könnte.“[30] Die Westmächte wollten keinen Krieg riskieren und mussten zwangsläufig die sowjetische Machtsphäre respektieren. Die deutsche Teilung schien nun dauerhaft vollzogen.
Mit dem Bau der Mauer war die Krise um Berlin aber nicht beendet. Als Ende Oktober 1961 Mitarbeiter der amerikanischen Verwaltung an der Einreise in den Ostsektor gehindert wurden, fuhren am 27. Oktober 1961 an der Grenzübergangsstelle Checkpoint Charlie demonstrativ amerikanische Panzer auf. Wenig später standen ihnen sowjetische Panzer gegenüber. 16 Stunden dauerte die Demonstration der Stärke, dann zogen sich – wie in geheimen Verhandlungen vereinbart – zuerst die russischen Panzer, dann die amerikanischen zurück.[31] Der Weltöffentlichkeit wurde deutlich, dass die Vereinigten Staaten auf ihre Rechte in Berlin bestanden, an der Teilung der Stadt jedoch nichts ändern konnten. Die amerikanische Garantie für die Sicherheit und Freiheit West-Berlins wurde beim Besuch Präsident Kennedys am 26. Juni 1963 in der Stadt bekräftigt. Die Berliner jubelten ihm zu, als er ihnen mit dem Ausspruch „Ich bin ein Berliner“ seine Verbundenheit versicherte.[32]

Flucht und Fluchthilfe nach dem Mauerbau

Am 15. August 1961 flüchtete der 19-jährige Grenzpolizist Conrad Schumann über den Stacheldraht in den Westen. Der junge Schäfer aus Zschochau in Sachsen war am 12. August mit seiner Polizeieinheit nach Berlin verlegt worden und hatte nun die Sperranlagen an der Bernauer Straße zu bewachen. Zweifel über den Sinn seines Tuns bewegten ihn zum Sprung in die Freiheit. Conrad Schumann war der erste von über 2.500 Grenzsoldaten, die sich durch eine Flucht in den Westen dem Grenzdienst entzogen und den Einsatz der Schusswaffe gegen ihre Landsleute verweigerten.[33]

Zehn Tage nach dem Mauerbau fielen die ersten tödlichen Schüsse an der Grenze. In den Nachmittagsstunden des 24. August 1961 versuchte der 24-jährige Günter Litfin über die nahe der Charité gelegene S-Bahntrasse nach West-Berlin zu flüchten.[34] Wie so oft hatte der junge Schneider, der in West-Berlin lebte und arbeitete, das Wochenende bei seiner Familie im Ostteil verbracht und war von der Grenzschließung überrascht worden. Nun suchte er einen Weg, um an seinen Arbeits- und Lebensort zurückkehren zu können. Als sein Fluchtversuch von Grenzposten entdeckt wurde, sprang er in das Wasser des Humboldthafens und schwamm auf das West-Berliner Ufer zu. Durch Sperrfeuer versuchten die Grenzposten, den wehrlosen Schwimmer von seinem Vorhaben abzubringen, dann schossen sie gezielt auf seinen Kopf. Von einer Kugel getroffen, ging er unter und wurde kurze Zeit später tot aus dem Wasser geborgen. Günter Litfin war der erste Flüchtling, der an der Grenze erschossen wurde. Und er blieb nicht der Einzige. Bis zum Fall der Mauer versuchten Flüchtlinge trotz der tödlichen Bedrohung immer wieder, die Sperranlagen zu überwinden.[35]

In den ersten Tagen nach dem Mauerbau durften Bewohner von West-Berlin den Ostteil der Stadt noch betreten. Diese Möglichkeit nutzten sie spontan, um Freunde, Verwandte oder Bekannte mit West-Berliner Ausweisen durch die Kontrollen an den verbliebenen Übergängen zu schleusen. Am 23. August wurde für West-Berliner ein Passierscheinzwang für Besuche in Ost-Berlin eingeführt. Da die Alliierten aus hoheitlichen Gründen und in Übereinstimmung mit dem West-Berliner Senat einer Einrichtung von DDR-Passierscheinstellen in West-Berlin nicht zustimmten, wurde diese Regelung schon am 25. August hinfällig. Bis zum ersten Passierscheinabkommen im Dezember 1963 gab es nun keine direkten Kontaktmöglichkeiten mehr zwischen den Bewohnern der beiden Stadthälften. Nur noch Besitzer von westdeutschen Pässen oder Ausländer konnten die Grenzübergänge passieren – oder Flüchtlinge, die mit gefälschten oder „geborgten“ Pässen ausgestattet durch die Kontrollen gingen. Andere flüchteten durch die Kanalisation nach West-Berlin, bis auch hier durch den Einbau von Gittern in den begehbaren Kanälen die Grenze unterirdisch abgesperrt war. Die Fantasie beim Finden von Fluchtwegen kannte keine Grenzen.[36] Überall wurde nach Schlupflöchern und undichten Stellen gesucht. Mit dem Interzonenzug fuhren Flüchtlinge als Ausländer getarnt zu den Fähren nach Skandinavien. Autos wurden umgebaut, Menschen in Koffern versteckt, Diplomaten als Fluchthelfer gewonnen, Wege über osteuropäische Staaten gesucht oder Ballons gebaut. Spektakulär war das Graben von Fluchttunneln unter den Grenzanlagen.[37] Von rund 70 Tunnelprojekten konnte jedoch nur ein Viertel erfolgreich genutzt werden. Auch unter den Fluchthelfern gab Verhaftungen und Todesopfer. Jeder Fluchtweg, der bekannt wurde, führte zur Verschärfung der Kontrollen und zur Perfektionierung der Grenzanlagen.

Ausbau und Perfektionierung der Grenzanlagen[38]

Bis Mitte der 1960er Jahre wurde die Mauer im innerstädtischen Bereich mit Betonquadern und Hohlblocksteinen gebaut, auf denen Y-förmige Abweiser aus Stacheldraht angebracht waren. In den Bereichen zwischen West-Berlin und dem Umland gab es anstelle der Mauer auch Streckmetallzäune. Je nach der örtlichen Lage und Unübersichtlichkeit wurde mit der Zeit ein gestaffelter Grenzstreifen eingerichtet, der mit zwei- oder dreireihigen Stacheldrahtverhauen, Panzersperren, Stolperdrähten, Hundelaufanlagen und Wachtürmen komplettiert war. Im Juni 1963 erfolgte entlang der Grenze auf der Ost-Berliner Seite die Einrichtung eines bis zu mehrere Hundert Meter breiten Grenzgebietes, das nur von Bewohnern und Besuchern mit Passierscheinen betreten werden durfte. Dieses begann an der sogenannten Hinterlandmauer, die den Todesstreifen nach Osten begrenzte und für DDR-Bürger die eigentliche Grenze bildete.

Ab Mitte der 1960er Jahre erfolgte der Ausbau der Grenzanlagen nach einheitlichen militärischen Plänen. Der Mauer der ersten und zweiten Generation folgte nun die Mauer der dritten Generation, die aus übereinandergeschichteten Betonplatten in einer Höhe von 3,40 Metern bestand. Ab Mitte der 1970er Jahre wurde schließlich die sogenannte Grenzmauer 75 errichtet. Sie bestand aus industriell gefertigten stahlbewehrten Betonplatten mit einem L-förmigen Fuß und einer Höhe von 3,60 Metern. Dieser Mauertyp war aufwendig auf Stabilität und Unüberwindbarkeit getestet worden und begrenzte als vorderes Sperrelement den Todesstreifen in Richtung Westen. Der Todesstreifen war 15 bis 150 Meter breit und bestand aus einem gestaffelten System von Sperrelementen. Er war zum Ende der 1980er Jahre von Ost nach West folgendermaßen aufgebaut: Dem nach Osten gerichteten Hinterlandzaun (bzw. der Hinterlandmauer) folgte in kurzer Entfernung ein Signalzaun mit mehreren unter elektrischer Niedrigspannung stehenden Drähten, an dem bei Berührung Alarm ausgelöst wurde. Teilweise war der Signalzaun einen halben Meter in der Erde versenkt, um ein Unterkriechen zu verhindern. Es folgte ein Abschnitt mit Erdbunkern und Beobachtungstürmen der Grenztruppen, die in Sichtweite voneinander entfernt standen und von einem Postenpaar besetzt waren. Davor verlief ein Kolonnenweg, auf dem sich die Grenztruppen bewegten. Der Kolonnenweg wurde von einer Lichttrasse gesäumt, die den geharkten Sandstreifen bis zur weiß gestrichenen Mauer ausleuchtete. So waren auch im Dunkeln immer gute Sichtverhältnisse gegeben und das Schussfeld erkennbar. Unmittelbar vor der Mauer befand sich der Kfz-Sperrgraben, der so angeschrägt und mit Betonplatten befestigt war, dass ein Fahrzeug bereits hier zum Stehen kam. Sollte es doch bis an die Mauer gelangen, fuhr es auf den Betonfuß der Mauer auf und stabilisierte sie durch sein eigenes Gewicht. Auf der Mauerkrone lag eine Rohrauflage, die verhinderte, beim Überklettern mit den Händen Halt zu finden. An unübersichtlichen Stellen wurde zusätzlich eine Hundelaufanlage installiert. Sie bestand aus einem parallel zum Signalzaun gespannten Drahtseil, an dem entlang sich ein angebundener Kettenhund bewegen konnte.

Die Grenze um West-Berlin war im Jahr 1989 insgesamt 156,4 Kilometer lang, davon verliefen 43,7 Kilometer zwischen den beiden Stadthälften und 112 Kilometer zwischen West-Berlin und dem Bezirk Potsdam. Nach einer Aufstellung der Grenztruppen bestand der Grenzabschnitt aus 63 Kilometern bebautem, 32 Kilometern bewaldetem und 22,65 Kilometern offenem Gelände sowie aus 37 Kilometern Wassergrenze. Entlang der Grenze stand auf 41,91 Kilometern die Grenzmauer 75, weitere 58,95 Kilometer bestanden aus der Mauer der dritten Generation in Plattenbauweise und 68,42 Kilometer wurden durch Streckmetallzaun begrenzt. Die Lichttrasse hatte eine Länge von 161 Kilometer und der Signalzaun umfasste 113,85 Kilometer. Im Todesstreifen gab es 186 Beobachtungstürme und 31 Führungsstellen der Grenztruppen. Der Zugang nach West-Berlin konnte über 13 Straßengrenzübergänge, vier Eisenbahngrenzübergänge und acht Wasserstraßengrenzübergänge erfolgen, die alle gut abgesichert waren.[39]

Schießbefehl und Todesopfer

Die schwer überwindbaren Sperranlagen und die Unterstützung der Grenzposten durch Volkspolizei, Staatssicherheit, deren inoffizielle Mitarbeiter sowie freiwillige Helfer der Grenzpolizei waren eine große Gefahr für Fluchtwillige. Die tödliche Bedrohung der Grenze bestand jedoch darin, dass auf Flüchtlinge und sogenannte Grenzverletzer geschossen wurde. Auch wenn Mitglieder der politischen und militärischen Führung der DDR noch bei den Gerichtsprozessen in den 1990er Jahren bestritten, dass es je einen Schießbefehl gegeben habe, war das Töten an der Mauer offensichtliche Praxis.[40] Formaljuristisch beinhalteten die Gesetze, Dienstvorschriften und Befehle zum Schusswaffengebrauch nur einen „Erlaubnistatbestand“, nicht aber eine Verpflichtung zum Töten. Dennoch führte die ausdrückliche Anweisung an die Grenztruppen bei der täglichen Vergatterung, jeglichen Fluchtversuch zu verhindern und „Grenzverletzer zu vernichten“, dazu, dass allein an der Berliner Mauer 140 Menschen zumeist durch den Einsatz von Schusswaffen zu Tode kamen. Unter den Todesopfern waren 101 Flüchtlinge, 30 Menschen aus Ost und West sowie ein sowjetischer Soldat ohne Fluchtabsichten, die erschossen wurden oder verunglückten. Dazu kamen acht im Dienst getötete Grenzsoldaten. Die meisten der Opfer waren junge Männer im Alter zwischen 17 und 29 Jahren. Darüber hinaus starben mindestens 251 zumeist ältere Menschen im Besucher- und Reiseverkehr an den Grenzübergangsstellen zwischen Ost- und West-Berlin.[41]

Der letzte Flüchtling, der an der Mauer erschossen wurde, war der 21-jährige Chris Gueffroy, der bei einem Fluchtversuch am 5. Februar 1989 am Britzer Zweigkanal getötet wurde.[42] Er hatte von einem Freund gehört, dass der Schießbefehl an der Mauer aufgehoben sei und wollte sich durch seine Flucht dem Wehrdienst bei der NVA entziehen. Während die vier Grenzsoldaten, welche die Flucht mit tödlichen Schüssen zum Scheitern brachten, mit dem Leistungsabzeichen der Grenztruppen und 150 Mark ausgezeichnet wurden, verurteilte man den schwer verletzten Mitflüchtling zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren. Aufgrund des großen internationalen Druckes erließ Erich Honecker am 3. April 1989 die Aufhebung des Schießbefehls.[43] Für Chris Gueffroy kam diese Anweisung zu spät.

Humanitäre Bemühungen im Zeichen der Entspannungspolitik

Trotz der tödlichen Bedrohung und vieler gescheiterter Fluchtversuche gelang es in den 28 Jahren, in denen Deutschland durch die Berliner Mauer und die Sperranlagen an der innerdeutschen Grenze geteilt war, 40.101 Menschen aus der DDR in den Westen zu fliehen. 5.075 der Flüchtlinge überwanden die Sperranlagen in Berlin.[44] Um die unmenschliche Situation der Trennung zu mildern, wurde vonseiten der Politik nach humanitären Lösungen für die betroffenen Menschen gesucht. Im Dezember 1963 handelte der West-Berliner Senat mit den DDR-Behörden ein Passierscheinabkommen aus, welches West-Berlinern erstmals nach dem Mauerbau ermöglichte, ihre Verwandten in Ost-Berlin zu besuchen. In der Zeit vom 19. Dezember 1963 bis zum 5. Januar 1964 nahmen 730.000 Bürger diese Möglichkeit in Anspruch, insgesamt wurden 1,2 Millionen Besuche registriert. Nach schwierigen Verhandlungen gelang es der Bundesrepublik im gleichen Jahr, die ersten politischen Gefangenen aus der DDR freizukaufen. Bis zum Ende der DDR konnten so 33.755 aus politischen Gründen Inhaftierte in die Bundesrepublik übersiedeln. Dafür waren hohe Summen pro Kopf zu zahlen.[45] Auch eine Reiseregelung für DDR-Rentner konnte 1963 erreicht werden. Der eigentliche Durchbruch erfolgte im Zuge der „Neuen Ostpolitik“ der Bundesregierung unter Willy Brandt: Die DDR drängte danach, als völkerrechtlich gleichberechtigter Partner auf der internationalen Bühne akzeptiert zu werden. Dafür musste sie sich auf humanitäre und politische Zugeständnisse einlassen. 1972 wurde im Zuge der Ostverträge eine neue Regelung für Besuchsreisen von West-Berlinern in die DDR getroffen. Gleichzeitig wurde vereinbart, dass in dringenden Fällen auch für Ostdeutsche Verwandtenbesuche im Westen möglich waren. Infolge der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) in Helsinki im Jahr 1975 beriefen sich zahlreiche DDR-Bürger auf die KSZE-Schlussakte und forderten für sich das individuelle Freiheitsrecht auf freie Wahl des Aufenthaltsortes durch einen Ausreiseantrag ein. Die Fluchtwelle war mit der Installierung von Minen und Selbstschussanlagen an der innerdeutschen Grenze rapide zurückgegangen. Nun entwickelte sich ab 1975 eine Ausreisewelle.[46] Allein im Jahr der KSZE-Konferenz gab es 20.000 Anträge auf Ausreise aus der DDR, die Tendenz blieb steigend. Um die Ausreisewünsche zurückzudrängen, wurde der Staatssicherheitsapparat gezielt ausgebaut. Angesichts des hohen innenpolitischen Drucks ließ die DDR-Führung 1984 in einer gezielten Aktion 21.000 Antragsteller ausreisen und löste zur Abschreckung zugleich eine Verhaftungswelle aus. Die Hoffnung, damit das Problem gelöst zu haben, erfüllte sich nicht. Sprunghaft stiegen angesichts der erfolgreichen Ausreisegesuche die Antragszahlen. Auch als 1986 die Reisemöglichkeiten für DDR-Bürger in den Westen weiter gelockert wurden und Verwandtenbesuche in größerem Maß möglich wurden, ging der Wunsch nach Ausreise nicht zurück, sondern stieg erneut sprunghaft an. Der Unmut der DDR-Bevölkerung war angesichts der sich zuspitzenden Wirtschaftslage und der täglichen Indoktrination rapide angewachsen.

Friedliche Revolution und Mauerfall[47]

1989 hatte sich die innenpolitische Situation der DDR dramatisch zugespitzt. Die wirtschaftliche Lage war desaströs, und die Unzufriedenheit der Bevölkerung wuchs stetig. Die DDR stand kurz vor der Zahlungsunfähigkeit. Seit Mitte der 1980er Jahre waren oppositionelle Gruppierungen entstanden, die sich untereinander vernetzten. Diese DDR-Opposition versuchte, gegen das Meinungsmonopol der SED eine Gegenöffentlichkeit zu etablieren und strebte eine Demokratisierung der Gesellschaft an. Mit Interesse schauten die DDR-Bürger auf die Sowjetunion, in der ab 1985 Michail Gorbatschow als Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei einen Reformprozess begonnen hatte. Seine Politik von Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umgestaltung) ermöglichte eine bis dahin undenkbare Diskussion von politischen und gesellschaftlichen Problemen und zielte auf eine verstärkte Eigenverantwortung, um die gravierenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu lösen. Obwohl Gorbatschow mit seiner marktwirtschaftlichen Öffnung die Grundlagen der sozialistischen Planwirtschaft unterhöhlte, war sein eigentliches Ziel, den Kommunismus zu verbessern. Außenpolitisch gab er die Breschnew-Doktrin auf, die den Warschauer-Pakt-Staaten nur beschränkte Souveränität und der Sowjetunion das Recht zum militärischen Eingreifen bei Gefährdung des sozialistischen Systems zugestanden hatte. Nunmehr gab Gorbatschow den Ostblockstaaten zu verstehen, dass sie ihre Angelegenheiten künftig eigenständig zu regeln hatten. In Polen konstituierte sich vor diesem Hintergrund im Februar 1989 der Runde Tisch, der den Übergang vom sozialistischen Staat zu den ersten demokratischen Wahlen im April gestaltete. Die ungarische Annäherung an den Westen führte dazu, dass am 2. Mai 1989 demonstrativ der Abbau des Grenzzauns zu Österreich begann und der „Eiserne Vorhang“ sein erstes Loch bekam. Im Sommer 1989 sammelten sich Tausende von DDR-Bürgern, die über Ungarn in den Westen ausreisen wollten. Am 10. September 1989 gab die ungarische Regierung die Öffnung der Grenze bekannt, und der Flüchtlingsstrom setzte sich in Bewegung.[48] Da die DDR-Führung die Reisemöglichkeiten nach Ungarn eingeschränkt hatte, wurden nun die Botschaften in Prag und Warschau besetzt. Während sich in den Botschaften die Lage dramatisch zuspitzte, gründeten sich in der DDR neue Bürgerbewegungen und neue Parteien. Sie setzten der Forderung „Wir wollen raus“ ihren Wahlspruch „Wir bleiben hier“ entgegen, um das Land zu reformieren.

Unter dem Druck des Flüchtlingsproblems musste die DDR schließlich einer Ausreise der in den Botschaften ausharrenden DDR-Bürger zustimmen. Am 30. September 1989 gab der Außenminister der Bundesrepublik Deutschland, Hans-Dietrich Genscher, den Botschaftsbesetzern unter großem Jubel ihre Ausreise bekannt.[49] Die DDR hatte sich allerdings vorbehalten, die Züge mit den Flüchtlingen über das Territorium der DDR zu führen, um sie formal ausbürgern zu können. Als die Flüchtlingszüge durch Dresden fuhren, demonstrierten 5.000 Dresdner vor dem Hauptbahnhof. Es kam zu gewalttätigen Ausschreitungen, bei denen die Polizei brutal gegen die Demonstranten vorging und 1.300 von ihnen verhaftete. Trotz dieser aufgeheizten Situation feierte die DDR-Führung den 40. Jahrestag der DDR, während das Volk gegen die Regierung protestierte. Als am 9. Oktober in Leipzig 70.000 Menschen auf die Straße gingen und die Einsatzkräfte angesichts der Menschenmassen nicht wagten einzugreifen, war die Entscheidung gefallen. Der Ruf „Wir sind das Volk“ breitete sich in Windeseile aus. Montagsgebete und Demonstrationen fanden nun in vielen Orten der DDR statt. Am 4. November demonstrierten in Berlin eine halbe Million Menschen gegen die Regierung und forderten demokratische Erneuerungen. Am 18. Oktober wurde Partei- und Staatschef Erich Honecker im SED-Politbüro zum Rücktritt gezwungen. Doch immer noch hielt der Flüchtlingsstrom gen Westen an. Die tschechische Regierung setzte die neue DDR-Führung unter Druck, eine Lösung zur Eindämmung der Fluchtwelle zu finden. Fieberhaft wurde eine Reiseverordnung entworfen, die das Problem der unkontrollierten Fluchten klären sollte und deshalb Regelungen für ein legales Verlassen der DDR beinhaltete. Gleichzeitig war man bemüht, Besuchsreisen der Bürger in den Westen zu erleichtern.

Am 9. November 1989 gab das SED-Politbüromitglied Günter Schabowski auf einer internationalen Pressekonferenz die neuen Regelungen bekannt. Danach sollten DDR-Bürger nun ohne Begründung die Ausreise aus der DDR beantragen dürfen. Dies sollte auch für Besuchsreisen möglich sein. Auf die Frage eines Journalisten, ab wann diese Regelung gelte, war Schabowski nicht vorbereitet. Nach einem Blick auf seinen Sprechzettel, den er vom neu ernannten Partei- und Staatschef Egon Krenz bekommen hatte, kam die entscheidende Antwort „sofort, unverzüglich“.[50] Wenig später meldeten westliche Medien, die Mauer sei offen. Noch am gleichen Abend sammelten sich Tausende DDR-Bürger an den Grenzübergängen. Niemand informierte die diensthabenden Grenztruppen über die neuen Regelungen oder Anweisungen zu deren Durchführung. Niemanden interessiert es, dass der Verlautbarung zufolge eigentlich Pässe und Visa zu beantragen waren. An der Bornholmer Brücke in Berlin wurden die Mitarbeiter der Passkontrolle von Tausenden von Menschen immer mehr bedrängt. Sie sahen keinen Ausweg mehr – nur die sofortige Öffnung des Grenzübergangs. Unter dem Druck der Massen fiel die Mauer noch in dieser Nacht und der Ausruf „Wahnsinn“ wurde zum Wort des Jahres 1989.

Abriss der Grenzanlagen

Mit dem Fall der Mauer war das Schicksal der Grenzsperren besiegelt. Schon in der Nacht vom 10. auf den 11. November 1989 wurden im Zentrum der Stadt zwischen der Bernauer Straße und der Eberswalder Straße die ersten Segmente aus der Mauer gebrochen und ein neuer Grenzübergang eingerichtet. Innerhalb kurzer Zeit war die Mauer an vielen Stellen durchlässig. Dem begeisterten Tanz auf der Mauer folgte die private Aneignung des verhassten Bauwerks, das seine Funktion endgültig verloren hatte. Mit Werkzeugen ausgerüstet begannen zahlreiche Berliner und Besucher der Stadt, die Mauer zu zerstören und sich Erinnerungszeichen an das historische Ereignis zu sichern. Fast zeitgleich begann der organisierte Rückbau der Grenzanlagen. Schon im Dezember 1989 beschloss der Ministerrat der im November gebildeten DDR-Übergangsregierung in Übereinstimmung mit dem Magistrat von Ost-Berlin, die Mauer abzureißen. Die Spuren des brutalen Einschnitts in die Stadt sollten so schnell wie möglich beseitigt werden. Der Abriss betraf nicht nur die 45.000 Mauersegmente, sondern auch weitere Elemente des Grenzsicherungssystems. Am 1. Juli 1990, als mit der Einführung der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion die Kontrollen an den noch vorhandenen Übergängen endgültig eingestellt wurden, waren bereits über hundert grenzüberquerende Straßen von den Sperranlagen befreit und konnten für den Verkehr freigegeben werden. Die letzten Elemente der innerstädtischen Mauer wurden im November 1990 entfernt.

Der zügige Abriss entsprach dem politischen und gesellschaftlichen Konsens „Die Mauer muss weg“. Die Berliner Bevölkerung wollte das verhasste Bauwerk nicht mehr vor Augen haben, die Stadt sollte wieder eins sein. Während Institutionen und Einzelpersonen aus anderen Ländern sich einzelne Segmente der Mauer sicherten und diese als Erinnerungszeichen an die Zeit des Kalten Krieges und die Überwindung der Blockkonfrontation in aller Welt aufstellten, sollten in Berlin die Spuren getilgt werden.

Nur wenige Stimmen votierten in dieser Zeit für den Erhalt eines Teiles der Grenzanlagen, um nachfolgenden Generationen ein Stück der Geschichte anschaulich zu erhalten. Exemplarisch sollte dies in der Bernauer Straße erfolgen, die durch ihre dramatische Geschichte in den Tagen des Mauerbaues Teil des kollektiven Gedächtnisses geworden ist.

Heute kündet ein 212 Meter langes Stück der Grenzanlagen, das weitgehend in seiner Tiefenstaffelung erhalten geblieben ist und zum Denkmal gestaltet wurde, von der Geschichte der geteilten Stadt und den Opfern kommunistischer Gewaltherrschaft. Es ist Teil der Gedenkstätte Berliner Mauer, die sich auf dem ehemaligen Todesstreifen entlang der Bernauer Straße erstreckt. Hier wird über das Grenzregime informiert und an die Erlebnisse der Menschen erinnert, die unter der Teilung gelitten haben. Erzählt wird aber auch, wie die Grenzöffnung im November 1989 durch die DDR-Bürger erzwungen wurde und wie es zur friedlichen Überwindung der Teilung kam.


[1] Hertle, Hans-Hermann: Chronik des Mauerfalls. Die dramatischen Ereignisse um den 9. November 1989, 10. Aufl., Berlin 2006, S. 14.

[2] Zur Geschichte der Berliner Mauer: Henke, Klaus-Dietmar (Hg.): Die Mauer. Errichtung, Überwindung, Erinnerung, München 2011; Hertle, Hans-Herrmann/Jarausch, Konrad H./Kleßmann, Christoph (Hg.): Mauerbau und Mauerfall. Ursachen, Verlauf, Wirkung, Berlin 2002 sowie die umfangreiche Online-Dokumentation www.chronik-der-mauer.de.

[3] Zur Entwicklung Deutschlands nach 1945: Steininger, Rolf: Deutsche Geschichte: Darstellung und Dokumente in vier Bänden, Bd. 1: 1945–1947, Frankfurt (Main) 2002. Zur Nachkriegsordnung siehe auch www.bpb.de/geschichte/deutsche-geschichte/grundgesetz-und-parlamentarischer-rat/nach-der-katastrophe, Zugriff am 26.11.2020.

[4] Sudrow, Anne: Kleine Ereignisgeschichte der Währungsreform 1948, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 27/2018, https://www.bpb.de/apuz/271679/kleine-ereignisgeschichte-der-waehrungsreform-1948?p=all, Zugriff am 09.01.2021.

[5] Wetzlaugk, Udo: Berliner Blockade und Luftbrücke 1948/49, Berlin 1998.

[6] Zur Entwicklung der innerdeutschen Grenze: Ritter, Jürgen/Lapp, Peter Joachim: Die Grenze. Ein deutsches Bauwerk, 8. Aufl., Berlin 2011; Lapp, Peter Joachim: Grenzregime der DDR, Aachen 2013, S. 22–33.

[7] Bennewitz, Inge/Potratz, Rainer: Zwangsaussiedlungen an der innerdeutschen Grenze, Berlin 1994.

[8] Zu diesen und den folgenden Angaben: Ritter/Lapp 2011, S. 24.

[9] Statistische Angaben zur Fluchtentwicklung: Wendt, Hartmut: Die deutsch-deutschen Wanderungen – Bilanz einer 40jährigen Geschichte von Flucht und Ausreise, in: Deutschland Archiv 24 (1991), S. 386–395; Bispinck, Henrik: „Republikflucht“: Flucht und Ausreise als Problem für die DDR-Führung, in: Hoffmann, Dierk; Schwartz, Michael; Wentker, Hermann (Hg.): Vor dem Mauerbau. Politik und Gesellschaft in der DDR der fünfziger Jahre, München 2003, S. 285–309.

[10] Effner, Bettina/Heidemeyer, Helge (Hg.): Flucht im geteilten Deutschland. Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde, Berlin 2005; Allen, Keith R.: Befragung Überprüfung Kontrolle. Die Aufnahme von DDR-Flüchtlingen in West-Berlin bis 1961, Berlin 2013.

[11] Passgesetz der Deutschen Demokratischen Republik vom 15. September 1954, Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik 1954, S. 786.

[12] Eisenfeld, Bernd/Engelmann, Roger: 13. August 1961: Mauerbau, Bremen 2001, S. 25–28; Gesetz zur Ergänzung des Strafgesetzbuches – Strafrechtsergänzungsgesetz – vom 11. Dezember 1957, Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik 1957, S. 643.

[13] Steininger, Rolf: Der Mauerbau. Die Westmächte und Adenauer in der Berlinkrise 1958–1963, München 2001, S. 41. Zur Berlinkrise siehe auch Wilke, Manfred: Der Weg zur Mauer, Berlin 2011, S. 196–251; Lemke, Michael: Die Berlin-Krise 1958–1963, in: Henke (Hg.) 2011, S. 32–48.

[14] Vgl. die Analyse von Gerhard Wettig in Wilke 2011, S. 211 f.

[15] Vgl. Wilke 2011, S. 308 ff.

[16] Zur Fluchtentwicklung und zu den Motiven für eine Flucht: Effner, Bettina/Heidemeyer, Helge: Flucht im geteilten Deutschland, Berlin 2005. Dokumente zum Mauerbau und seiner Vorgeschichte, in: Camphausen, Gabriele/Nooke, Maria: Die Berliner Mauer. Ausstellungskatalog, Dokumentationszentrum Berliner Mauer, Dresden 2002.

[17] Roggenbuch, Frank: Das Berliner Grenzgängerproblem. Verflechtung und Systemkonkurrenz vor dem Mauerbau, Berlin/New York 2008. Zum Grenzgängerproblem siehe auch Münkel, Daniela (Hg): Die DDR im Blick der Stasi. Die geheimen Berichte an die SED-Führung 1961, 2. Aufl., Göttingen 2016, S. 170–173.

[18] Götz, Julius: „Jagd auf Grenzgänger. Wie die Kommunisten das Recht auf Freizügigkeit in Berlin untergraben“, in: SBZ-Archiv 15 (1961), S.234–239, hier: S. 234 ff.

[19] Eisenfeld/Engelmann 2001, S. 41.

[20] Vgl. Wilke 2011, S. 296–311.

[21] Ebd., S. 301–304.

[22] Ebd., S. 322–327.

[23] Ebd., S. 329.

[24] Münkel (Hg.) 2016, S. 31–35 und S. 39–42; www.ddr-im-blick.de/jahrgaenge/jahrgang-1961, Zugriff am 28.11.2020.

[25] Dokumente zur „Aktion Rose“: Camphausen/Nooke 2002, S. 108 f.

[26] Zum Mauerbau und seinen Folgen: Hertle, Hans-Hermann: Die Berliner Mauer – Monument des Kalten Krieges. The Berlin Wall – Monument of the Cold War, Berlin 2007. Umfangreiche Informationen und Dokumente auf www.chronik-der-mauer.de.

[27] www.chronik-der-mauer.de/material/178791/erklaerung-des-regierenden-buergermeisters-von-berlin-willy-brandt-auf-einer-sondersitzung-des-abgeordnetenhauses-13-august-1961, Zugriff am 28.11.2020.

[28] Erklärung von Bundeskanzler Adenauer zum Mauerbau am 13. August 1961, in: www.bpb.de/geschichte/deutsche-einheit/deutsche-teilung-deutsche-einheit/43707/konrad-adenauer-zum-mauerbau, Zugriff am 28.11.2020. Zur Kritik an Adenauer siehe: Steininger 2001, S. 277–279.

[29] Zum Ablauf der Kundgebung und zu den im Folgenden zitierten Redeauszügen siehe https://www.chronik-der-mauer.de/chronik/, Zugriff am 28.11.2020.

[30] www.chronik-der-mauer.de/material/178788/brief-des-amerikanischen-praesidenten-john-f-kennedy-an-den-regierenden-buergermeister-von-west-berlin-willy-brandt-18-august-1961, Zugriff am 28.11.2020.

[31] Dokumente und Reportagen zur Panzerkonfrontation auf www.chronik-der-mauer.de/chronik/_year1961/?year=1961&date=25.10.1961#anchornid173512, Zugriff am 28.11.2020.

[32] Vgl. Wentker, Hermann: Der Westen und die Mauer, in: Henke, Klaus-Dieter (Hg), München 2011, S. 196–210, hier S. 200.

[33] Vgl. Nooke, Maria: Geglückte und gescheiterte Fluchten nach dem Mauerbau, in: Ebd., S. 163–180, hier S. 171 f.

[34] Vgl. Brecht, Christine: Günter Litfin, in: Hertle, Hans-Hermann/Nooke, Maria (Hg): Die Todesopfer an der Berliner Mauer 1961–1989. Ein biographisches Handbuch, hg. im Auftrag des Leibnitz-Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam und der Stiftung Berliner Mauer, 3. überarbeitete und erweiterte Aufl. in neuer Ausstattung, Berlin 2019, S. 41 ff.

[35] Siehe die biographischen Porträts zu den Todesopfern in Hertle/Nooke (Hg.) 2019.

[36] Zu Flucht und Fluchthilfe: Detjen, Marion: Ein Loch in der Mauer. Die Geschichte der Fluchthilfe im geteilten Deutschland 1961–1989, München 2005; Nooke, Maria/Dollmann, Lydia: Fluchtziel Freiheit. Berichte von DDR-Flüchtlingen über die Situation nach dem Mauerbau – Aktionen der Girrmanngruppe, Berlin 2011; www.risiko-freiheit.de, Zugriff am 28.11.2020.

[37] Zur Flucht durch Tunnel: Keussler, Klaus-M. v./Schulenburg, Peter: Fluchthelfer. Die Gruppe um Wolfgang Fuchs, 3. Aufl., Berlin 2015; Veigel, Burkhart: Wege durch die Mauer. Fluchthilfe und Stasi zwischen Ost und West, 4. Aufl., Berlin 2015; Arnold, Dietmar/Kellerhoff, Sven Felix: Unterirdisch in die Freiheit. Die Fluchttunnel von Berlin, 2. Aufl., Berlin 2019; Nooke, Maria: Der verratene Tunnel. Geschichte einer verhinderten Flucht im geteilten Berlin, Bremen 2002.

[38] Vgl. Hertle, Hans-Hermann: Die Berliner Mauer – Monument des Kalten Krieges. The Berlin Wall – Monument of the Cold War, Berlin 2007, S. 90–101.

[39] Vgl. www.chronik-der-mauer.de/material/178765/grenzsicherung-in-berlin-auskunftsbericht-zum-grenzkommando-mitte-gk-mitte-und-der-staatsgrenze-der-ddr-zu-westberlin-maerz-1989, Zugriff am 28.11.2020.

[40] Hertle, Hans-Hermann/Nooke, Maria: Todesopfer an der Berliner Mauer. Kooperationsprojekt des Vereins Berliner Mauer und des ZZF, in: Potsdamer Bulletin für Zeithistorische Studien, Nr. 34–35 (2005), S. 46–49; Hertle, Hans-Hermann/Sälter, Gerhard: Die Todesopfer an Mauer und Grenze. Probleme einer Bilanz des DDR-Grenzregimes, in: Deutschland Archiv 39 (2008) H. 4, S. 667–676.

[41] Ergebnisse des Forschungsprojektes zu den Todesopfern: Hertle/Nooke (Hg.) 2019, S. 22–24.

[42] Baron, Udo/Hertle, Hans-Hermann: Chris Gueffroy, in: Ebd., S. 465–469.

[43] „‚Prämien für Todesschützen‘. Im April 1989 wurde der DDR-Schießbefehl, der nie existierte, klammheimlich aufgehoben“, in: Berliner Morgenpost vom 28.03.1999.

[44] Diese und folgende Angaben siehe: Hertle 2007, S. 57 und S. 84.

[45] Zum Häftlingsfreikauf siehe: Rehlinger, Ludwig: Freikauf. Die Geschäfte der DDR mit politisch Verfolgten 1963–1989, durchgesehene und ergänzte Aufl., Halle 2011; Diekmann, Kai (Hg.): Freigekauft. Der DDR-Menschenhandel, München 2012. Wölbern, Jan Philipp: Der Häftlingsfreikauf aus der DDR, 1962/63–1989. Zwischen Menschenhandel und humanitären Aktionen, Göttingen 2014.

[46] Zur Geschichte der Ausreisebewegung: Eisenfeld, Bernd: Macht und Ohnmacht. Ausreise aus der DDR, in: Hertle/Jarausch/Klessmann (Hg.) 2002, S. 223–236.

[47] Hertle, Hans-Hermann: Sofort, unverzüglich. Die Chronik des Mauerfalls, 2. Aufl., Berlin 2019; Neubert, Ehrhart: Unsere Revolution. Die Geschichte der Jahre 1989/1990, München 2008; Kowalczuk, Ilko-Sascha: Endspiel. Die Revolution von 1989 in der DDR, München 2009; www.chronik-der-mauer.de/Chronik/1989, Zugriff am 28.11.2020.

[48] Oplatka, Andreas: Der erste Riss in der Mauer. September 1989 – Ungarn öffnet die Grenze, Wien 2009.

[49] RIAS-Bericht zur DDR-Flucht im Herbst 1989: „Außenminister Genscher in der Prager Botschaft am 30. September“, in: www.chronik-der-mauer.de/material/?page=3&mType=3&mFilter1=1989&show=10, Zugriff am 28.11.2020.

[50]   Zitiert nach Hertle 2019, S. 9.


Maria Nooke: Religionspädagogisches Studium und Tätigkeit in der kirchlichen Kinder- und Jugendarbeit, nach 1989 Studium der Soziologie, Erziehungswissenschaften und Psychologie an der TU Berlin, Mitarbeit in zeitgeschichtlichen Projekten zur NS- und DDR-Geschichte. 2007 Promotion am Otto-Suhr-Institut der FU Berlin. Ab 1999 wissenschaftliche Mitarbeiterin und leitende Tätigkeiten in der Gedenkstätte Berliner Mauer, 2009 bis 2017 Stellvertretende Direktorin der Stiftung Berliner Mauer und Leitung des Arbeitsbereiches Zeitzeugen und Biografieforschung, 2013 bis 2017 zusätzlich Leitung der Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde. Seit 2017 Beauftragte des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur.

Zeitgeschichtliche und biografiegeschichtliche Veröffentlichungen zur Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus, zur DDR-Opposition und zur deutschen Teilungsgeschichte. Mitglied im Vorstand des Vereins „Gegen Vergessen – Für Demokratie“ und im Stiftungsrat der Stiftung Gedenkstätte Lindenstraße Potsdam; Mitglied im Beirat der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU), der Gedenk- und Begegnungsstätte Leistikowstraße Potsdam und in der Beiratskommission II der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten.