Viele Mauerstücke werden aufgestellt, um symbolisch an auch heute noch in aller Welt bestehende Grenzen zu erinnern. Doch wenige von ihnen dürften einen so klar formulierten Adressaten haben wie das Stück der Berliner Mauer, das seit dem 7. Februar 2020 im LA Plaza de Cultura y Artes in der kalifornischen Metropole Los Angeles steht und folgende Aufschrift trägt:
Dear President Trump,
This is an original piece of the Berlin Wall. For 28 years, it separated east and west, families, and friends. It divided not only Berlin and Germany, but the whole world. Too many people died trying to cross it – their only crime being their desire to be free. Today the world celebrates the 30th anniversary of the fall of the Berlin Wall. Germany is united again, and only a few scattered pieces remind us that no wall lasts forever. For decades, the United States played a major role in bringing this wall down. From John F. Kennedy to Ronald Reagan, the Presidents of the USA fought against it. We would like to give you one of the last pieces of the failed Berlin Wall to commemorate the United States’ dedication to building a world without walls.
Citizens of Berlin
[Sehr geehrter Präsident Trump,
dies ist ein Originalstück der Berliner Mauer. 28 Jahre lang trennte sie Ost und West, Familien und Freunde. Sie teilte nicht nur Berlin und Deutschland, sondern die ganze Welt. Zu viele Menschen starben beim Versuch, sie zu überwinden – ihr einziges Verbrechen war ihr Wunsch, frei zu sein. Heute feiert die Welt den 30. Jahrestag des Mauerfalles. Deutschland ist wieder vereint und nur wenige verstreute Teile erinnern uns daran, dass keine Mauer für immer Bestand hat. Jahrzehntelang spielten die Vereinigten Staaten eine wichtige Rolle beim Fall dieser Mauer. Von John F. Kennedy bis Ronald Reagan kämpften die Präsidenten der USA gegen sie. Wir möchten Ihnen eines der letzten Teile der gescheiterten Berliner Mauer geben, um an das Engagement der Vereinigten Staaten für den Aufbau einer Welt ohne Mauern zu erinnern.
Bürger Berlins]
Das Mauerstück, das von der Initiative „Die offene Gesellschaft“ in Berlin beschrieben und auf den Weg in die USA gebracht worden war, sollte zum 30. Jahrestag des Mauerfalles am 9. November 2019 an US-Präsident Donald Trump übergeben werden. Damit sollte den USA für die wichtige Rolle gedankt werden, die sie beim Fall der Berliner Mauer gespielt hatten – und der Präsident an Amerikas Engagement für eine Welt ohne Mauern erinnert werden. Konkret wurde damit Trumps bereits im Wahlkampf gemachtes Versprechen kritisiert, mit einer Mauer zu Mexiko die illegale Einwanderung in die USA einzudämmen. Dementsprechend wenig überraschte die Weigerung des Weißen Hauses, das Segment entgegenzunehmen. Stattdessen wurde es auf die Reise durch die USA geschickt. Zunächst stand es vor dem Washington Monument, dann wurde es mit Zwischenstopps in Texas und New Mexico per Lastwagen ins kalifornische San Diego gebracht, wo es direkt an der Grenzanlage zu Mexiko zu sehen war – und medienwirksam fotografiert wurde. Auch deshalb wurde der Aufruf auf dem Segment mittlerweile im Internet von Tausenden unterschrieben. Nach Auskunft der Initiative „Die offene Gesellschaft“ gab es verschiedene Interessenten, die das Stück nach seiner Rundreise dauerhaft übernehmen wollten. Letztlich wurde es dem 2011 eröffneten mexikanisch-amerikanischen Museum und Kulturzentrum LA Plaza de Cultura y Artes in Los Angeles übereignet. Dort wurde es am kurz zuvor nach umfangreichen Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten wiedereröffneten LA Plaza Paseo Walkway aufgestellt, der über die Geschichte der indigenen Einwohner von Los Angeles informiert. Auch wenn das Museum geschlossen ist, kann das Mauerstück besichtigt werden.