Zur Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten am 3. Oktober 1990 wurden in Mexiko-Stadt zwei Segmente der Berliner Mauer aufgestellt. Jeweils eins steht in den beiden zum „Alexander von Humboldt Kollegium“ gehörenden deutschen Schulen – im südlichen Stadtteil Xochimilco und in Lomas Verdes, im Norden der Stadt. Zusammen mit einer weiteren Grundschule und einem Kindergarten werden hier mehr als 34.000 mexikanische und deutsche Kinder unterrichtet. Damit gehört das bereits 1884 gegründete „Alexander von Humboldt Kollegium“ zu den größten deutschen Auslandsschulen überhaupt.
Zu den Klängen mexikanischer Volksmusik und Beethovens „Ode an die Freude“, die der Schulchor auf Deutsch sang, wurden die Mauerteile enthüllt. Der damalige Schulleiter, Philipp Fabry, gebürtig aus der Eiffel, hielt die Festansprache. An dem Festakt nahmen unter anderem auch der mexikanische Staatspräsident Carlos Salinas de Gortaris sowie der Bildungsminister Manuel Bartlett Díaz und der damals noch amtierende stellvertretende Ost-Berliner Oberbürgermeister, Hartmut Hempel, teil.
Die Idee, die Mauerteile aufzustellen, war dem Vorstandsvorsitzenden des Humboldt-Kollegiums, Gerhart E. Reuss, bei der Lektüre des „Economist“ Anfang 1990 gekommen. Dort hatte die mit dem Mauerverkauf beauftragte West-Berliner Firma LeLé Berlin Wall Verkaufs- und Wirtschaftswerbung GmbH Mauersegmente inseriert, deren Erlös karitativen Zwecken in der DDR zugutekommen sollte. Reuss, der im Vorstand der Filiale des deutschen Versicherungsunternehmens „Allianz“ tätig war, konnte die ebenfalls deutschstämmigen Unternehmer Erich und Kurt Vogt aus Mexiko-Stadt als Sponsoren für das Projekt gewinnen. Reuss fuhr nach Ost-Berlin, um den Kauf der Segmente persönlich abzuwickeln. Seine Kontakte mit dem für den Mauerverkauf beauftragten DDR-Unternehmen Limex hat er wie folgt in Erinnerung behalten:
„100.000 Mark sei der Marktpreis, der für zwei Blöcke der Mauer von je 3,60 m Höhe und einem Gewicht von jeweils zweieinhalb Tonnen zu zahlen war. Da es sich aber um deutsche Schulen handle, wolle man einen Preis von 30.000 Mark akzeptieren. Der Erlös würde der Charité zufließen und man versprach (und lieferte dann auch bei Übergabe) ein entsprechendes Zertifikat. Aber aussuchen möchte man die Stücke selbst. Natürlich, kommen Sie morgen wieder und ein Offizier der Volkspolizei wird Sie zum Lagerplatz bringen. Den Kaufpreis brachten Reuss und die Brüder Vogt vom Vorstand der deutschen Schule in Mexiko-Stadt auf. In der Tat, der Mann war pünktlich und brachte mich in seinem Wagen zu einer außerhalb der Stadt gelegenen Volkspolizeikaserne. Bis dahin unterlag auch ich dem Eindruck, dass in Ostdeutschland ein zwar immerhin im Abtritt befindliches, aber intern noch solides Staatswesen herrsche. Diese Meinung änderte sich schlagartig, als ich an den Wachen vorbei in das Kasernengelände chauffiert wurde. Mit losen Schlipsen, ins Genick geschobenen Uniformmützen und Zigaretten im Mundwinkel, winkten uns die Wachen vorbei – da wurde mir klar: jener Staat ist am Ende. Auf einer riesigen Wiese hinter der Kaserne lagen und standen Hunderte von Mauersegmenten – und mein Offizier sagte mir, wie einem Kinde im Süßwarenladen, Herr Reuss, suchen Sie einfach aus. Ich garantiere, dass Sie die richtigen Stücke bekommen. So geschah es. Mithilfe der großzügigen Spende einer deutsch-mexikanischen Reederei wurden die Segmente nach Mexiko verschifft.“
Am Fuße des Mauerteiles in der Südschule wurde eine kleine Tafel angebracht, auf der auf Deutsch „DEN TOTEN ZUR EHRE, DEN LEBENDEN ALS MAHNUNG“ zu lesen ist. Die Graffiti zeigen noch Reste der berühmten Mauerköpfe von Thierry Noir, die Mitte der 1980er Jahre an der Kreuzberger Waldemarstraße gemalt worden waren.
In der Nordschule fand das Mauerteil neben dem Eingang seinen neuen Standort. Ein Metallrahmen schützt das ebenfalls von Noir an gleicher Stelle gemalte Graffito. Die ursprünglich in Berlin links davon stehenden Mauerteile sind heute als „König Buffo“ in Paris zu sehen.