Was haben eine blaue Kinderfigur namens Theo Tintenklecks und die Berliner Mauer miteinander zu tun? Auf den ersten Blick vermutlich nur, dass viele Berliner Kinder schon einmal von beiden gehört haben. Doch die 1992 erfundene Figur ist immerhin dafür verantwortlich, dass auch in Brasilien ein Stück Berliner Mauer steht. Der Berliner Verein MyTheo e. V., dessen Maskottchen Theo Tintenklecks ist, und seine Gründerin Sylvia Hahnisch starteten 2015 im Rahmen des Lernprogrammes „Die Erde mein Zuhause“ ein groß angelegtes Mauerprojekt. Grundsätzlich ist das Ziel des gemeinnützigen Vereines die Förderung der kindlichen Neugierde und Offenheit. Weltweit sollen Kindern Wege für ein tolerantes, verständnisvolles und respektvolles Miteinander aufgezeigt werden. Dieses Miteinander stand auch beim Mauerprojekt im Mittelpunkt: Kinder und Künstler verschiedener Länder gestalteten als Zeichen für eine gemeinsame Zukunft symbolträchtig Teile der Berliner Mauer.
Die Musikschule Banda Lyra Mogimiriana, die in der brasilianischen Stadt Mogi Mirim im Bundesstaat São Paolo liegt, wurde durch MyTheo e. V. zur Partnerschule der Hohen Neundorfer Grundschule Niederheide. Bereits seit 2011 wurden mehrere gemeinsame Projekte durch den Verein ins Leben gerufen. So standen die Schülerinnen und Schüler beider Schulen in Unterrichtsstunden zu bestimmten Themen per Videokonferenzen in regelmäßigem Kontakt.
Die maßgebliche Koordination und Umsetzung des Mauerprojektes übernahm der Berliner Michael Schleusener. Er flog gemeinsam mit einer kleinen deutschen Delegation und Theo Tintenklecks im Gepäck nach Mogi Mirim, wo zum Auftakt Teile einer Miniaturmauer bemalt wurden. Im September 2015 reiste dann eine zehnköpfige brasilianische Reisegruppe nach Berlin. Mit der Partnerschule in Hohen Neuendorf wurde hier dann eine Seite eines echten Mauerteiles bemalt. Drei brasilianischen Schülerinnen und Schüler halfen der 5. Klasse der Grundschule Niederheide. Das Bild wird dominiert von Symbolen für Musik und Frieden, Hand- und Fußabdrücke der Kinder stehen für das Überschreiten von Grenzen. Auf die zweite Seite schrieben die Kinder mit Kreide abwaschbare Grüße. Sie sollte dann in Brasilien durch die Kinder der Partnerschule dauerhaft bemalt werden.
Das Segment verblieb zunächst ein halbes Jahr in Hohen Neuendorf, im April 2016 wurde es dann von einer Spedition abgeholt und nach Hamburg gebracht. Von dort aus erfolgte die Verschiffung und die weite Reise über den Atlantik nach Brasilien begann. Etwa einen Monat später kam das Mauerstück in Santos, dem größten Hafen Brasiliens, an und wurde schließlich in das rund 200 Kilometer im Landesinneren gelegene Mogi Mirim gebracht, wo es an der Musikschule Banda Lyra Mogimiriana einen ersten Standort fand. Im Juli 2016 wurde das Mauerteil im Rahmen eines örtlichen Musikfestivals feierlich übergeben. Eine Ausstellung über die DDR mit Devotionalien aus privaten Spenden ergänzte die Zeremonie. Auch wenn das Mauerstück von Zeit zu Zeit seinen Standort in der Stadt mit knapp 100.000 Einwohnern wechselt und mittlerweile nicht mehr direkt an der Musikschule steht, fand dort im September 2018 eine Veranstaltung zum Thema „Es gibt Mauern in mir“ statt.