Studenten der Universidad de Chile wandten sich im Frühjahr 1990 an die Regierung der DDR und baten um ein Teil der Berliner Mauer. Inspiriert durch das rege Interesse an diesem geschichtsträchtigen Bauwerk, wollten sie das Mauerteil in der chilenischen Hauptstadt ausstellen und anschließend versteigern. Der Erlös sollte einem Sozialprojekt in Pudahuel, einem Stadtteil von Santiago de Chile, zugutekommen.
Nach Auskunft der deutschen Botschaft in Chile wurde von einer „Mauergesellschaft e. V.“ tatsächlich ein Mauersegment kostenlos zur Verfügung gestellt. Junge Chilenen, die in Berlin studierten, nahmen die Betonstele in ihre Obhut, standen dann allerdings vor dem Problem, wie sie das 2,6 Tonnen schwere Mauerteil nach Chile bringen sollten. Dank der bereitwilligen Hilfe des damaligen deutschen Botschafters in Santiago de Chile, Wiegand Pabsch, konnte das Projekt dann doch verwirklicht werden. Das Schifffahrtsunternehmen Ultramar, dessen Geschäftsführer der gebürtige Hamburger Albert von Appen war, besorgte den kostenlosen Transport, nachdem das Mauerteil vorher mit der Bahn von Berlin nach Hamburg gebracht worden war. Im September 1991 traf es in der chilenischen Hafenstadt Valparadiso ein. Einem Verkauf kam die deutsche Botschaft zuvor. Den Studenten wurde im Namen der Bundesrepublik eine Spende für ihr Sozialprojekt übergeben und das Mauerteil schließlich zum Tag der Deutschen Einheit, am 3. Oktober 1991, im Hof der Residenz des Botschafters aufgestellt.
Im Frühjahr 1992 organisierten die Studenten zusammen mit der deutschen Botschaft einen Malwettbewerb. Chilenische Maler waren aufgerufen, sich mit dem Mauerfall und der deutschen Wiedervereinigung auseinanderzusetzen. Bekannte Künstler wie José Balmes, Gracia Barrios, José Basso und Carmen Aldunate beteiligten sich und die fünfzig besten Werke kamen zur Ausstellung. Wiegand Pabsch erinnert sich an die Eröffnung:
„In Anwesenheit von Doña Leonor (Ehefrau des damaligen chilenischen Staatspräsidenten Patricio Aylwin Azócar, A. d. R.), Erziehungsminister Ricardo Lagos und 1.500 Gästen stellte ich seine (des Mauerstückes, A. d. R.) zwei Seiten dar – kahle Hässlichkeit nach Osten, wo Trostlosigkeit herrschte, lebhaftes Bunt auf der westlichen Seite mit der als ideologische Verbohrtheit überwindenden Losung „Think Global“ [„Denke Global“]. Der Zufall wollte es, dass der Erbauer jener Gefängnismauer jetzt als behüteter Gast in Chiles Botschaft lebte. Der Beifall war riesig, die Botschaft war angekommen.“
Das Asyl des letzten DDR Staats- und Parteichefs Erich Honecker in der chilenischen Botschaft in Berlin war tatsächlich ein bezeichnender historischer Zufall. Wenig später wurde Honecker an die deutschen Behörden übergeben und wegen des Schießbefehles an der innerdeutschen Grenze angeklagt. Aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes wurde er wenig später entlassen. Honecker reiste nach Chile aus, wo er 1994 in Santiago de Chile starb.
Im gleichen Jahr wurde das Mauerteil in der Residenz des deutschen Botschafters vom Nationalen Museum der Schönen Künste restauriert. 2011 entschied der scheidende Botschafter Dr. Michael Glotzbach über die Umsetzung des Mauerteiles vor die Kanzlei der deutschen Botschaft, wo es für den Publikumsverkehr nicht nur sichtbar, sondern auch zugänglich ist.