© Sureyya Gokeri
   Die Mauer vor dem Café Turko in Seattle
© Sureyya Gokeri
   Die Mauer vor dem Café Turko in Seattle

Im Stadtteil Fremont der nordwestamerikanischen Großstadt Seattle ist seit März 2001 ein originales Segment der Berliner Mauer zu sehen. Es wurde dem History House of Greater Seattle (Geschichtshaus Seattle) übergeben, einem Museum, das sich der Geschichte der Stadt und seiner Einwohner verschrieben hat. Spender war der australische Geschäftsmann Carl Asmus, der das Mauerteil Anfang der 1990er Jahre erworben hatte.

Eigentlich sollte das Grenzrelikt neben einer umstrittenen Leninstatue auf dem Westlake Plaza platziert werden. Diese war 1993 von Lewis E. Carpenter für 13.000 US-Dollar der Stadtverwaltung von Poprad (Slowakei) abgekauft worden. Carpenter, den es zu Beginn der 1990er Jahre zeitweilig als Englischlehrer in die Ostslowakei verschlagen hatte, entdeckte das erst 1988 von Emil Venkov geschaffene und bereits ein Jahr später demontierte Monument. Für ihn war es nicht nur ein politisches, sondern auch ein künstlerisches Werk, weshalb er es auf eigene Kosten nach Seattle bringen ließ. Für viele Bürger von Seattle war die Lenin-Statue aber keineswegs nur ein kurioses Relikt des untergegangenen Ostblockes. Erst nach heftigen Kontroversen konnte es im Künstlerviertel Fremont aufgestellt werden. Hier steht der Bronzekoloss bis heute, aber nicht als unantastbares Mahnmal, sondern als Kunstobjekt, das je nach Anlass umdekoriert wird. Zu Weihnachten wird Lenin ein leuchtender roter Stern auf den Kopf gesetzt, während der alljährlichen Schwulen- und Lesbenparade wird der Revolutionär in Frauenkleider gehüllt.

Trotzdem hielten die Kontroversen an. Nicht nur Carl Asmus wollte dem Lenin-Denkmal mit dem Mauerteil etwas entgegensetzen. Ihm schwebte ein Denkmal für die amerikanischen Piloten der Berliner Luftbrücke von 1948 vor. Da diese Pläne nicht realisiert werden konnten, blieb das Mauerteil vor dem History House stehen, bis dieses 2016/2017 an einen anderen Standort umzog. Anstelle des Museums wurde ein Bürogebäude errichtet, das auch ein türkisches Restaurant und Teehaus, das Café Turko, beheimatet. Neben dem Segment, das seinen neuen Platz vor dem Café Turko gefunden hat, befindet sich eine Informationstafel, mit der an die Luftbrücke von 1948 erinnert und der Burke Familie sowie dem History House für den Erhalt des Mauerstückes gedankt wird.

Karte mit Standorten, an denen Teile der Berliner Mauer zu finden sind.