Zum 30-jährigen Jubiläum des Mauerfalles am 9. November 2019 veröffentlichte The Sydney Morning Herald eine Geschichte über ein angeblich seit 28 Jahren verschollenes Stück der Berliner Mauer in Australien. Tatsächlich hatte das Mauersegment die ganze Zeit über genau dort gestanden, wo es einst abgestellt wurde: gut sichtbar unter einem Vordach eines Lagerhauses in Blacktown im australischen Bundesstaat New South Wales.
Das Lagerhaus gehört zu einer Verpackungsfirma, deren Mitarbeiter Raymond Chim laut The Sydney Morning Herald erklärte, dass er das unbemalte graue Betonsegment zwar seit Jahren angeschaut, sich aber nie gefragt habe, was es eigentlich darstellen sollte. Das Mauerteil gehörte dem Vorbesitzer der Anlage und war nach dem Besitzerwechsel am Ort verblieben. Umso erstaunter war Chim, als er eines Tages von seinem Chef gefragt wurde, was eigentlich mit dem Stück Berliner Mauer vor dem Lagerhaus passieren solle. Chim startete daraufhin mit Freunden den Aufruf „Need Home for Berlin Wall“, den auch ein Mitarbeiter der Deutschen Botschaft in Canberra zur Kenntnis nahm. Da in Canberra bereits seit 1992 ein anderes Segment der Berliner Mauer steht, kontaktierte die Botschaft das Goethe-Institut in Sydney. Als gebürtige Berlinerin, die die Mauer noch selbst erlebt hatte, war dessen Direktorin Sonja Griegoschewski schnell bereit, sich um das wiederentdeckte Stück Berliner Mauer zu kümmern und es der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Durch seinen vor Wind und Wetter geschützten Unterstand vor dem Lagerhaus befand sich das Segment in einem gut erhaltenen Zustand. Zudem hielt das Mauerteil eine Überraschung bereit: Auf der der Lagerhalle zugewandten und daher nicht einsehbaren Seite befand sich eine gut erhaltene Originalbemalung von Jürgen Große alias Indiano mit der Aufschrift „Jeder hat Kraft“.
Seit November 2019 steht das Mauersegment nun in einem kleinen Park namens Euroka-Reservat direkt vor dem Goethe-Institut in Woollahra, einem Vorort von Sydney. Eingeweiht wurde es in Anwesenheit der Gouverneurin von New South Wales, Margeret Beazley, der Bürgermeisterin von Woollahra, Susan Wynne, dem deutschen Generalkonsul, Peter Silberberg, sowie der Direktorin des Goethe-Instituts, Sonja Griegoschewski, die ihre persönliche Verbindung zur Berliner Mauer bei der Feierstunde unterstrich: „Ich dachte, [die Mauer] würde niemals weg sein in Berlin. Das war unvorstellbar. Meine Eltern, meine Großeltern, alle sagten, sie würde immer da sein, die Russen werden es niemals zulassen. Jetzt kann ich sie von meinem Fenster aus sehen.“