Ein Symbol der Überwindung von Grenzen zwischen Ländern und Menschen sollte das Segment der Berliner Mauer im nordgriechischen Sochos-Lagkadas werden, als es im Oktober 2012 enthüllt wurde. Doch mitten auf dem neu gestalteten „Platz der Verbrüderung“ errichtet, verursachte es genau das Gegenteil, nämlich Entrüstung und Kritik in Teilen der einheimischen Bevölkerung. Die Idee für das Denkmal hatte der damalige Bürgermeister der Gemeinde, Jannis Anastassiadis, während eines Besuches im Berliner Bezirk Steglitz-Zehlendorf im Juli 2012. Bei einer Führung durch die Berliner Partnergemeinde von Sochos-Lagkadas kam seine Delegation auch am Grundstück der Firma Klösters Baustoff-Werke im benachbarten Teltow vorbei, auf dem etliche Mauersegmente lagerten.1 Um in Sochos-Lagkadas daran zu erinnern, dass „keine Mauer, egal wie hoch sie ist, je in der Lage sein würde, der Sehnsucht nach Freiheit zu widerstehen“, erbat Anastassiadis vom Bürgermeister von Steglitz-Zehlendorf, Norbert Kopp, ein solches Mauerstück. Kopp entsprach dieser Bitte und im September 2012 konnte dank der Unterstützung der Firma Klösters ein Lastwagen aus Griechenland das Segment von den Schülern eines Potsdamer Oberstufenzentrums mit den türkisfarbenen Lettern „CK“ auf der einen und einem stilisierten Männchen auf der anderen Seite gestaltete Stück abholen. Auf Bitten des Bürgermeisters von Sochos-Lagkadas hatte mit dem griechischen Sozialarbeiter Georgios Bakalios ein Opfer von SED-Unrecht das Element ausgesucht. Als West-Berliner war Bakalios 1972 wegen angeblicher Spionage für den griechischen Geheimdienst in der DDR verhaftet und zu zwölf Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Erst nach sechs Jahren konnte er von der Bundesrepublik freigekauft werden.
Bereits am 6. Oktober 2012 wurde das Mauerstück von Bürgermeister Anastassiadis in Anwesenheit des Ministers für Nordgriechenland, Karaoglou Theodoros, des deutschen Konsuls in Thessaloniki, Wolfgang Hoelscher-Obermaier, von Vertretern aus den Nachbargemeinden und einer großen Zahl von Gemeinderäten feierlich eingeweiht. Ebenfalls anwesend war eine Delegation aus Steglitz-Zehlendorf unter Führung von Bezirksbürgermeister Norbert Kopp. Doch nicht alle Bewohner von Sochos-Lagkadas reagierten erfreut: Für einige war das Mauerstück ein unwillkommenes Symbol des Kalten Krieges. Hinzu kam, Berichten der lokalen Presse zufolge, dass viele Griechen auf dem Höhepunkt der Staatsschuldenkrise ihres Landes kein Symbol der deutschen Geschichte in ihrer Stadt sehen wollten, da Deutschland hauptsächlich für die von der Europäischen Union verlangte rigide Sparpolitik in Griechenland verantwortlich gemacht wurde.
Als 2015 der Platz um das Denkmal erneut umgestaltet wurde, befand der neue Bürgermeister der Gemeinde, dass das Mauersegment weder zur Geschichte noch zur Architektur von Sochos-Lagkadas passe. Nach Gesprächen zwischen der Gemeinde und dem Deutschen Generalkonsulat wurde das Segment abtransportiert und im Garten des Goethe-Instituts in Thessaloniki aufgestellt.